Frank Schätzing und Eckart von Hirschhausen „Lust auf eine Bondine, die die Welt rettet?“
Die Bestseller-Autoren Frank Schätzing und Eckart von Hirschhausen sprachen in Düsseldorf über den Klimawandel. Ihre These: Verzicht kann befreiend sein.
Bei ihrer Einführung in die lebhafte und kurzweilige Gesprächsrunde in der Buchhandlung Mayersche Droste stellte Moderatorin Christine Grefe die beiden prominenten Männer auf dem Podium vor: Frank Schätzing habe lange in der Werbung und als Radiosprecher gearbeitet, bevor er mit Wissenschaftsbüchern wie „Der Schwarm“ bekannt geworden sei. „Ach, der ist von dir?,“ setzte Eckart von Hirschhausen launig nach und grinste. Ihn hätte man bis vor kurzem noch als Arzt, Komiker und Verfasser heiterer Bücher über Gesundheit angekündigt, sagte Christiane Grefe. Inzwischen wechselten die Autoren das Genre und schrieben Fachbücher, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen. Frank Schätzing veröffentlichte 2021 „Was, wenn wir einfach die Welt retten? Handeln in der Klimakrise“, Eckart von Hirschhausen rüttelte bereits 2018 mit seinem Weckruf auf: „Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben“.
Die Moderatorin erinnerte bei diesem ersten gemeinsamen Live-Auftritt der Bestseller-Autoren an verstörende Naturkatastrophen der jüngsten Zeit: Überschwemmungen, Sturzregen, Erdbeben, Waldbrände und Dürren forderten Tausende von Todesopfern. „Der Klimawandel ist keine Zukunft mehr, er ist einfach da.“ Die Koalitionstregierung müsse zudem mit Ukraine-Krieg, Energiewende, Agrarwende, Verkehrswende, Wärmewende und der steigenden Zahl der Unterstützer am rechten Rand der Parteien klarkommen. Nach dieser düsteren Analyse müsse man sich fragen: „Wo sind die erfolgreichen Projekte, wo die inspirierenden Menschen, die sinnvollen Gesetze, was macht am meisten Mut?“
Nach den zwei gut viertelstündigen Vorträgen der Autoren konnte man diesen Mut tatsächlich erkennen. „Krise jagt Krise“, begann Frank Schätzung, „und kein neuer James Bond in Sicht. Keiner da, der uns raushaut.“ Evolutionär seien wir nicht dafür geschaffen, einer Vielzahl von Bedrohungen Gleichrangigkeit einzuräumen, sagte er: „Wir reagieren auf die unmittelbar handfeste und schieben die abstrakte beiseite. Das schrecklichste Monster, das uns den Schlaf raubt, ist die Wärmepumpe.“
Wenn man aber die Chance dazu hätte: Wer unter den männlichen Zuhörern wäre denn gern der Retter der Welt? Zögerlich zeigte schließlich ein einziger auf. Die Gegenprobe bei den Damen fiel weit überzeugender aus. Lust auf eine „Bondine“? Da reckten sich viele Hände in die Höhe. „Die Klimakrise nicht zu lösen, wäre ganz schön blöd“, merkte Schätzing an. „Sie ist essentiell, vernichtet Biotope, gefährdet die Artenvielfalt, erzeugt Extremwetter, setzt Flüchtlingsströme in Gang.“ Dass in Grönland der Eispanzer abschmilzt, werde bei einem bestimmten Kipppunkt möglich: „Bei zehn Millionen Konservendosen kann man zahlreiche rausziehen, ohne dass der Berg instabil wird. Entfernt man eine zu viel, kommt es zu einem Kaskadeneffekt, ein Ökosystem nach dem anderen kollabiert und reißt uns alle mit.“
Schätzing plädierte für eine grüne Wende und grünen Strom. Dafür brauche es zwar ein geräumiges Budget, aber damit sei der Weg zum Erfolgsmodell mit nachhaltiger Wertschöpfung frei: „Wir reden von einer gigantischen Investition. Klimaschutz ist Wertanlage. Die Finanzierung der Energiewende kostet einen Haufen Geld, sie nicht zu finanzieren, kostet die Zukunft.“ Und bitte keine Angst vor künstlicher Intelligenz, damit lasse sich eine Menge Gutes erreichen.
Eckart von Hirschhausen appellierte an Eigeninitiative: „Jeder ist bemächtigt, etwas zu bewegen. Warum zerstören wir unser eigenes Zuhause? Worauf sollen die Menschen in 30, 40 Jahren auf uns zurückschauen?“ Seine Stiftung „Gesunde Erde, gesunde Menschen“ weise auf ein wichtiges Scharnier hin: „Gesundheit beginnt nicht bei Tabletten oder Operationen, sondern viel radikaler mit fünf Dingen: die Luft, die wir atmen, das Wasser, das wir trinken, die Pflanzen, die wir essen, erträgliche Temperaturen und ein friedliches Miteinander. Alle fünf seien gefährdet, die Verantwortung dafür dürfe man nicht auf die nächste Generation abladen.
Ihm seien die Tränen gekommen, als er vorigen Sommer am ausgedörrten Rheinufer saß: „Diese Lebensader, die mythische Kraft von Vater Rhein, schnurrt auf ein Rinnsal zusammen.“ Einmal Zerstörtes sei irreversibel, ein gekochtes Ei werde nie wieder weich. „Alles, was wir jetzt tun, ist gut investiert“, sagte er zum Schluss, „das teuerste, was wir tun können, ist nichts.“
Die Fragen des Publikums drehten sich um vernünftige Grenzen des Wachstums und die Bereitschaft zum Verzicht. Frank Schätzing: „Wir müssen aus diesem Verzichtsmantra raus. Der angebliche Mangel kann auch ein Gewinn an Lebensqualität sein.“