Düsseldorf Blockbuster voller Politik und Poesie

Düsseldorf · Die Kunstsammlung NRW gewinnt unter ihrer Direktorin Susanne Gaensheimer neue Konturen.

Man kann es nicht allen recht machen, wenn man etwas bewegen, etwas Gutes und Nachhaltiges tun will. So hat Leiterin Susanne Gaensheimer erfahren müssen, dass sie für die beide Düsseldorfer Ausstellungshäuser der Kunstsammlung NRW bespielende Ai-Weiwei-Ausstellung keine Sponsoren gewinnen konnte. Weder Banken noch mit China kooperierende Unternehmen haben Interesse gezeigt, obwohl in Düsseldorf die chinesische Gemeinde weiter wächst.

Ai Weiwei (61) ist als Künstler weltberühmt und hochgeschätzt. Aber der im Exil geborene Sohn eines Dichters ist Dissident, ein Heimatflüchtling, der nach seiner Inhaftierung China den Rücken gekehrt hat und derzeit in Berlin arbeitet. So gesellt sich zu seinen persönlichen Angaben das Attribut „Menschenrechtler“,  und diese Ausstellung wird zu einem politischen Statement, das sich die Direktorin der Kunstsammlung leistet. „Wenn das zu Protesten führt“, sagt Gaensheimer, „werde ich das in Kauf nehmen.“ Sicher ist der Landessammlung ab 18. Mai bis September die erhöhte Aufmerksamkeit von Kunsttouristen aus aller Welt und Fans des Chinesen.

Beide Häuser werden die Bühnen für Weiweis größte Ausstellung in Deutschland bieten,  am Grabbeplatz zeigt er Schlüsselwerke zum ersten Mal  vollständig. 800 Quadratmeter sind dabei für die spektakuläre Installation „Sunflower-Seeds“ reserviert, in der er 100 Millionen handbemalte Sonnenblumenkerne aus Porzellan zusammenfügt. Im K 21 gibt es die Europapremiere für „Life Cycle“, eine aus Bambus und Garn gebaute 17 Meter hohe Skulptur, die Figuren in einem Schlauchboot darstellt und an die Flüchtlingspassagen im Mittelmeer erinnert. Für Weiwei gilt: Alles ist Kunst und alles Politik; und so hat er in jüngeren Werken sich mit Migration als Massenphänomen wie auch mit daraus erwachsenden menschlichen Krisen beschäftigt.

Das Bindeglied zu einer weiteren Publikumsausstellung ist die Poesie, die ebenfalls in Weiweis Arbeiten mitschwingt und die noch stärker zum Ausdruck kommen dürfte in der Edvard-Munch-Schau ab Oktober 2019. Der Kurator ist ein Star unter den skandinavischen Autoren, Karl Ove Knausgard schreibt Weltbestseller („Mein Kampf“) und hat in Oslo für den bekanntesten Vertreter der skandinavischen Avantgarde im Munch-Museum eine betörende Idee verwirklicht. Der Literat eröffnete ungeahnte Perspektiven auf den unbekannteren Teil im Werk Munchs, dessen Gemälde „Der Schrei“ zu den Ikonen der Kunstgeschichte gehört. Knausgard setzte dessen Bilder, Papierarbeiten und Skulpturen  in einen dramatischen Parcours,  so dass die Ausstellung zu einer emotionalen und sinnlichen Reise wird.

In den Reigen der großen Ausstellungen fügen sich kleinere unter dem Diktum der Direktorin, die ein Faible für Monographisches hat. Stärker international, interdisziplinär und gegenwärtig soll die Kunstsammlung senden und vor allem im K21 jüngere Menschen fischen. Dort wird neben Ed Atkins (Februar) und Carsten Nicolai (September)  die erste Ausstellung von Kunstakademie-Absolventen von großem Interesse sein (Februar), wie auch die Jubiläumsausstellung „In aller Freundschaft“ (Juni), auf der nicht etwa Derivate  einer beliebten Arztserie, sondern die vom Freundeskreis in 50 Jahren erworbenen Werke zu einer Schau finden.

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