Kunstdebatte Kunstsammlung lehnt eine Schenkung von Naegeli ab

Düsseldorf · Der als „Sprayer von Zürich“ bekannte Künstler sieht in der Absage auch einen „bewussten politischen Affront“.

 Graffiti-Künstler Harald Naegeli im April dieses Jahres.

Graffiti-Künstler Harald Naegeli im April dieses Jahres.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Noch einmal ist jetzt Harald Naegeli nach Düsseldorf gekommen. Um aufzuräumen. Nach fast 35 Jahren seines „Exils in Düsseldorf“, wie er es nennt, wird er in seine Geburtsstadt Zürich zurückkehren. Darum löst er jetzt sein Atelier auf wie auch die umfangreiche Sammlung seiner Werke.

Der „Sprayer von Zürich“, der für seine anarchische Graffiti-Kunst eine sechs monatige Gefängnisstrarfe in der Schweiz verbüßte, bricht seine Zelte ab – mit wachsender Verbitterung. So soll nach seinen Worten die Direktorin der Kunstsammlung NRW, Susanne Gaensheimer, seinerseits eine Schenkung von etwa 20 Papierarbeiten ohne Angabe von Gründen abgelehnt haben.

Das trifft nicht so sehr das Selbstbewusstsein des weithin bekannten Künstlers. Vielmehr empört ihn die lapidare Reaktion eines Hauses, dem er sich sehr verbunden fühlt. Mit einem Museum, in dem er „unter Armin Zweite eine Performance mit dem Komponisten Karl-Heinz Essl und ebenso zu Ehren von Josef Beuys und Werner Schmalenbach durchführte“, wie er der Leitung der Kunstsammlung jüngst geschrieben hat. Für eine Stellungnahme war Susanne Gaensheimer gestern aufgrund der Ferien nicht zu erreichen.

Harald Naegeli sieht in der Ablehnung seiner als Geschenk gedachten Zeichnungen einen „bewussten politischen Affront der neuen Direktorin“. Ihre Abweisung gehe nach seinen Worten „Hand in Hand mit ihrer Dienstfertigkeit und Bezahlung  einer Revolutionsattitüde  eines chinesischen Künstlers“ – gemeint ist Ai Weiwei –, „der längst fester Teil des westlichen Kunstmarketing ist. Seine Provokationen in China waren damals noch glaubwürdig und politisch. In Düsseldorf und anderswo  verpufft jetzt seine Kunst  zu einer bloßen Ästhetik, deren  Bedeutung  nicht in der vorgetäuschten Revolution, sondern vor allem im allgemein anerkannten Marktwert  zu finden ist“, urteilt Naegeli über die derzeitige  Einzelausstellung des Künstlers in der Kunstsammlung NRW am Grabbeplatz wie auch im K21. Es ist dieser von ihm empfundene Kontrast, den der 79-jährige Künstler derart empört. Er selbst hat vor allem seine Spray-Kunst immer auch als anarchischen Akt verstanden, dem die Utopie eines besseren Lebens innewohnt. Vor allem in der Schweiz hat es einige Zeit gedauert, bis seine Kunst auch dort Anerkennung und Respekt fand. Zuletzt durfte er in der Großmünsterkirche zu Zürich gar einen Totentanz sprayen, also ausgerechnet in jener Stadt, die ihn 1981 zur Haftstrafe verurteilte und ihn nach seiner Flucht aus der Schweiz mit internationalem Haftbefehl suchen ließ.

Seine Düsseldorfer Zeit sind für ihn mehr als nur Exiljahre gewesen. In Düsseldorf fühlte sich Naegeli angenommen und sein Werk verstanden. Die Freundschaft zu Beuys prägte ihn. Und die Kunstsammlung gehört für ihn zu diesem rheinischen Kunstkosmos’.

Um die Bewahrung seiner Werke andernorts muss sich Naegeli  weniger sorgen: Das Berliner Kupferstich-Kabinett hat seine Schenkung angenommen, zudem sind etwa 100 seiner Arbeiten im Besitz des Düsseldorfer Stadtmuseums. Kürzlich schenkte er dem Hetjens-Museum einige Keramikteile, die er 1984  im Gefängnis Wauwilermoos geschaffen hatte. Die Leiterin des Museums, Daniela Antonin, schrieb Harald Naegeli daraufhin: „Es wird mir eine große Ehre sein, diese im Namen der Landeshauptstadt Düsseldorf zu übernehmen. Ihre künstlerische Leistung und Wirkung für die europäische Kunstgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts verdienen höchsten Respekt.“

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