Rätselhafte Objekte Die Kunst, die vom Himmel fiel

Düsseldorf · Der Quader in Utah war nur der Anfang: Inzwischen tauchen immer mehr Kunstobjekte auf. Auch in Bayern steht nun ein rätselhafter Monolith. Urheber unbekannt.

 In Schwangau wurde dieser Metall-Monolith gefunden.

In Schwangau wurde dieser Metall-Monolith gefunden.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Rätselhafte Kunstobjekte schießen weltweit wie Pilze aus dem Boden, vielleicht regnen sie aber auch einfach auf die Erde, man weiß ja nichts Genaues. Ende November jedenfalls wurde in der roten Felsenwüste von Utah ein Metallquader gefunden. Er ragte drei Meter hoch aus dem Boden – wie das Objekt, das die Urmenschen in Stanley Kubricks Film „2001“ so ratlos machte. Aufnahmen bei Google Earth dokumentieren, dass das Ding schon mindestens vier Jahre dort gestanden hat, bevor Ranger, die per Hubschrauber Schafe zählen wollten, es identifizierten.

Als „Monolith von Utah“ wird die glänzende Stele seither bezeichnet, und in den folgenden Wochen tauchten ähnliche Objekte auf der ganzen Welt auf: in Belgien, Spanien, Kalifornien, den Niederlanden, Großbritannien. Und nun auch in Bayern: Nahe dem Schloss Neuschwanstein steckt ein zwei Meter hoher Quader im Schnee. Der Zahnstocher eines Außerirdischen? Ein Wink des Himmels? Alles ungeklärt.

Natürlich fragt man sich zuerst, wer diese Objekte wohl geschaffen und verteilt hat. Aber man fragt sich auch: Ist das Kunst? Der Künstler Ed Ruscha schuf 1979 einen künstlichen Felsen, den er „Rocky II“ nannte. Er versteckte ihn zwischen anderen Brocken in der Mojave-Wüste, wo er noch heute unerkannt liegt. Als schwarzes Schaf sozusagen, als künstlerisches Kuckucks-Ei, als Vermählung von Kunst und Natur. Ganz früh wurde im Zusammenhang mit dem Monolithen von Utah auch Richard Serra als Referenz genannt, weil das Objekt an dessen Stahlkörper erinnert, die er in der Wüste in Doha installiert hat.

„Nicht uninteressant“, urteilt Gregor Jansen von der Kunsthalle Düsseldorf über die aktuellen Fundstücke. Wenn es denn Kunst sei, dann sei sie am ehesten dem Bereich Minimal Art zuzuordnen. Und der Düsseldorfer Künstler Mischa Kuball fühlt sich an den Bildhauer John McCracken erinnert, dessen Arbeiten einst auch Kubrick inspirierten. McCracken malte sich in Interviews gerne aus, wie es wäre, Kunst an entlegenen Orten aufzustellen, damit sie später gefunden wird. Allerdings starb McCracken bereits 2011.

Wer auch immer verantwortlich ist für diese Objekte: „Es ist eine super Idee, den öffentlichen Raum zurückzuerobern“, sagt Mischa Kuball. Aus seiner Sicht ist es für das Anliegen der Urheber unbedingt notwendig, die Autorenschaft im Dunkeln zu lassen. Dass ihnen das gelinge, und dass sie auch keine Filme vom Making Of verbreiteten, beweise die Klasse der Leute, die hinter der Installation stehen. „Es geht bei dieser Aktion um das Erscheinen und Verschwinden.“ Die Objekte seien buchstäblich Erscheinungen. Und die stünden als Symbol für das Neue, für ein Zeitalter, das unabhängig vom Menschen beginne. „Diese Objekte sind nicht Ausdruck von Menschheitsbejahung“, sagt Kuball, „sie sind Zeugen des Endes des Anthropozäns.“

Die Qualität der Objekte sei unterschiedlich, findet Kuball. Zumindest der hochpolierte Monolith aus Utah aber sei perfekt gearbeitet. „In Kubricks ‚2001‘ läutete der Quader das Neue und Unbekannte ein“, sagt Kuball. „Warum nicht auch bei uns?“

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