Beeindruckende Ausstellung in Krefeld Kunst und Lüge in der DDR

Krefeld (RP). Die Ausstellung im Krefelder Südbahnhof über Kunst in der DDR erzählt beeindruckend Geschichte und Kunstgeschichte: Wie ein totalitärer Staat die Kunst zum Werkzeug seiner Ideologie macht – aber auch, wie Künstler sich irgendwann dagegen wehren. Der Untergang der DDR war in der Kunst bereits Jahre vor der Wende abzulesen.

DDR Kunst: Das bedeutet sie wirklich
9 Bilder

DDR Kunst: Das bedeutet sie wirklich

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Krefeld (RP). Die Ausstellung im Krefelder Südbahnhof über Kunst in der DDR erzählt beeindruckend Geschichte und Kunstgeschichte: Wie ein totalitärer Staat die Kunst zum Werkzeug seiner Ideologie macht — aber auch, wie Künstler sich irgendwann dagegen wehren. Der Untergang der DDR war in der Kunst bereits Jahre vor der Wende abzulesen.

Man erkennt ihn sofort, diesen "sozialistischen Realismus": Die Menschen gucken immer so tatkräftig-unerschütterlich; überall ist Zukunft; es gibt keinen Raum für Schlechtes, Böses oder Hässliches; nichts ist mehrdeutig, nichts rätselhaft, nichts unaussprechlich. Alles ist Werden zum Guten.

In der Ausstellung "Schichtwechsel", die zurzeit im Südbahnhof zu sehen ist, kann man solche Propaganda-Kunst besichtigen — aber auch, wie Künstlern im Sozialismus das Lügen mit der Leinwand abhandengekommen ist. Diese Entwicklung hat Herbert Schirmer, der die Ausstellung mit Bildern aus dem Kunstarchiv Beeskow ausgerichtet hat, in einem brillanten kleinen Vortrag dargestellt.

In den 60er Jahren überwiegt Polit-Kitsch wie beim "Fest der Bergarbeiter" aus dem Jahr 1969, in dem eine Kleinbürgeridylle fröhlicher Menschen gezeigt wird — eine Mutter darf sogar ein bisschen Dekolleté zeigen. Zu einer Zeit, in der im freien Westdeutschland Studenten-Revolten samt sexueller Revolution das geistige Leben der Republik erschütterten und Andy Warhols Pop Art schon als moderne Klassik weltberühmt war, ging es im Arbeiter- und Bauernstaat adrett und züchtig zu, jedenfalls in den Bildern der linientreuen Künstler, denn diese Nettigkeit endete in der wirklichen Wirklichkeit des Sozialismus in den Gefängnissen der Stasi oder mit den Todesschüssen an der Mauer.

Spätestens in den 80er Jahren emanzipierten sich junge Maler der DDR vom Formenkanon des "sozialistischer Realismus", ironisierten ihn oder wandten sich expressiven, mehr malerischen, darin mehr verrätselten Formen zu. Solche Tendenzen in der Kunst waren wie ein Geigerzähler für das sich anbahnende politische Beben, das schließlich zum Untergang der DDR führte.

(RP)
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