Ausstellung in Berlin Kunst als Zeichen der Macht

(RP). Eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum in Berlin beleuchtet die Rolle von Kunstwerken innerhalb der Selbstinszenierung von einflussreichen Politikern und Managern: Gerhard Schröder leistete sich faustdicke Ironie, Angela Merkel setzt auf expressionistische Tradition.

Macht zeigen mit moderner Kunst
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Verschossene Teenager pinnen sich Poster ihres "Twilight"-Helden Robert Pattinson an die Wand. Junge Familien bedienen sich bei den stylischen Städteleinwänden von Ikea. Und die Großen in Wirtschaft und Politik? Die sind nach dem Befund einer Ausstellung im Deutschen Historischen Museum zunehmend dazu übergegangen, sich selbst mit Hilfe der Kunst zu inszenieren.

Die Faszination der Schau liegt in dem direkten Nebeneinander. Wir sehen die Kanzler an ihren Schreibtischen. Adenauer, Erhard, Kiesinger, Schmidt, Kohl, Schröder, Merkel. Auch die ersten Kanzler schätzten die Kunst. Landschaft in Öl, verschämt in eine Lücke der Bücherwand gepresst. Helmut Schmidt ersetzte sie durch ein Portrait des Arbeiterführers August Bebel.

Der Wechsel von Helmut Schmidt zu Helmut Kohl führte auch zum Bildwechsel im Hintergrund. Statt des SPD-Ahnen nun ein CDU-Ahne, der katholische Publizist Joseph Görres. Wiewohl im Kanzlergarten Moores große Formen längst den beherrschenden Blickfang boten, blieb das Arbeitszimmer von Kohl noch bürofunktional. Schreibtisch, Bücherregal und irgendwo ein kleines Bild.

Das änderte sich schlagartig mit dem Künstlerkanzler Gerhard Schröder. Weg mit den Akten, her mit der provokanten Ironie. Nichts lenkte nun den Blick ab von dem beherrschenden Baselitz. Er ist Ausdruck von Mut, Witz und freudiger Aufgeschlossenheit. Denn statt mit aufrechtem Bundesadler auf Amtszimmer-Fahne präsentierte sich Schröder mit "Fingermalerei III — Adler" — in Baselitzscher Art auf dem Kopf. Unter seiner Kanzlerschaft geht es mit Deutschland bergab, könnten böswillig Meinende hineininterpretieren. Aber Schröder steht zu Baselitz. Und er umgab sich mit vielen anderen Künstlern. So sehr, dass ihn Jörg Immendorff voller Begeisterung in Gold malte.

Auch Guido Westerwelle lud schon vor Jahren zum Fototermin, verneigte sich förmlich vor der Kunst, die er als "schönste Tochter der Freiheit" pries, und kauerte demütig unter dem Bild "Treffer". Er begeistert sich für die dynamischen Gestalten Norbert Biskys. Auffällig ist, dass Banker eine Vorliebe für abstrakte geometrische Formensprache haben, Wirtschaftsmanager indes das scheinbare Chaos bevorzugen, wie Karl-Hermann Baumann (Siemens), dessen akkurater Sitz von Scheitel, Anzug und Krawatte vor dem wilden Bernd-Zimmer-Gemälde zusätzliche Seriosität gibt. Dazu die Vermutung von Bazon Brock, dass sich die "Herren der Welt" besonders gerne mit "Chaos, Unsinn und Beliebigkeit" umgäben, um zu zeigen, dass sie die "hinreichende psychische Stabilität" besäßen, damit spielend fertig zu werden. Besonders intensiv zu besichtigen in der triumphierenden Mimik des vor großer Kunst Regierenden Klaus Wowereit.

Da ist Angela Merkel anders. Sie hält es hinter ihrem Schreibtisch expressionistisch und entscheidet sich für das Oskar-Kokoschka-Porträt von Konrad Adenauer. Dessen Besuch im Kokoschka-Atelier ist ein paar Meter zuvor zu sehen. Einen Schnaps trinken Künstler und Kanzler auf das gelungene Werk.

Nicht ganz so gelungen sind Teile der Schau. Manches wiederholt sich, oft hätte der Besucher auch gerne gewusst, welche Kunst im Hintergrund der Mächtigen denn gerade zu sehen ist. Der Grundansatz jedoch: empfehlenswert. Zumal der Bogen zur Sammelwut der Fürstenhäuser im 17. Jahrhundert geschlagen wird. Schon damals bediente sich die Macht der Kunst.

(RP)
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