Künstler teilen sich Kunstpreis Sensation beim Turner-Preis

Margate · Vier bildende Künstler schlossen sich zusammen und wurden gemeinsam geehrt.

 Sie gewannen den Turner-Preis: Tai Shani, Lawrence Abu Hamdan, Helen Cammock und Oscar Murillo.

Sie gewannen den Turner-Preis: Tai Shani, Lawrence Abu Hamdan, Helen Cammock und Oscar Murillo.

Foto: AP/Gareth Fuller

Aus England kommen doch noch gute Nachrichten, die von der Verleihung des Turner-Preises etwa. Vier Künstler waren im Rennen um die renommierte Auszeichnung, und weil sie fanden, dass das nicht die Zeit ist für noch mehr Konkurrenz, Zwiespalt und Argwohn, meldeten sie sich vor der Vergabe bei der Jury. Wir tun uns zusammen, sagten sie, und wenn der mit 40.000 Pfund dotierte Preis vergeben wird, dann bitte nur an alle Vier. „Im Namen von Gemeinschaftlichkeit, Vielfalt und Solidarität.“

Der Turner-Preis ist nicht nur die tollste und coolste Auszeichnung, die man als Künstler bekommen kann. Er ist auch so etwas wie ein Seismograph der Gegenwart. Aktuellste Kunst wird gewürdigt, die Debatten der Gegenwart werden in den Fokus gerückt. Der Turner-Preis hat gesellschaftliches Gewicht. Helen Cammock (49), Oscar Murillo (33), Lawrence Abu Hamdan (34) und Tai Shani (43) verfolgen in ihren Werken unterschiedliche Ansätze, sie stammen aus verschiedenen Kulturen, aber sie sind nun eine selbstbewusste Gang, und das ist ein Zeichen und – im Zusammenhang eines solchen stets durchchoreografierten Abends – eine Sensation.

Die Künstler sprengen das System mit der Kraft der Togetherness, sie zeigen, dass es subjektiver und also willkürlicher Quatsch ist, eine oder einen herauszupicken und die Ehrung zuteil werden zu lassen. Sie beweisen, dass man über Differenzen hinweg zusammenkommen kann und dass Vielfalt ein Mittel ist, den Augenblick zu potenzieren. Großartig ist auch das Feingefühl der Jury, die auf diese Sache einging: Sie sprach tatsächlich dem Kollektiv den Preis zu.

Helen Cammock sagte in ihrer Ansprache, man habe mit der Aktion auch den Begriff dessen erweitern wollen, was als britisch gelte. Menschen mit Migrationshintergrund würden immer stärker ausgegrenzt. Und mit Blick auf die anstehende Wahl in England forderte sie, man möge zusammenstehen – „in der Kunst wie in der Gesellschaft“.

Als Favorit hatte zuvor Lawrence Abu Hamdan gegolten. Er hat Menschen, die in syrischer Haft gesessen haben, um ihre akustischen Erinnerungen gebeten. Wie klingt Unfreiheit? Indem nicht bloß er, sondern alle geehrt wurden, wandelte sich die Verleihung selbst zum Kunstwerk, zur Performance.

Great, Britain!

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