Große Ausstellung in Bonn Heinz Mack — Forschungsreisender der Kunst

Bonn (RP). Heinz Mack in Bonn – endlich einmal umfassend in der Heimat, Nein, keine Retrospektive, dagegen wehrt sich der 80-jährige Künstler, gerne eine Hommage, ja, das trifft die Sache. Kunst aus sechs schöpferischen Jahrzehnten ist vereint in einer konzentrierten Ausstellung in der Bundeskunsthalle. Nebenan gastiert Napoleon – das passt.

Bonn (RP). Heinz Mack in Bonn — endlich einmal umfassend in der Heimat, Nein, keine Retrospektive, dagegen wehrt sich der 80-jährige Künstler, gerne eine Hommage, ja, das trifft die Sache. Kunst aus sechs schöpferischen Jahrzehnten ist vereint in einer konzentrierten Ausstellung in der Bundeskunsthalle. Nebenan gastiert Napoleon — das passt.

Seine Diversität ist seine Stärke, sagt man über Mack. Und doch geht es ihm immer um das eine: um Struktur, Bewegung, Licht und Raum. Kunst diverser Beschaffenheit prägt sein Oeuvre, auch solcherart, dass man Begrifflichkeiten erfinden musste.

Was ist ein "Stelenwald"? Wozu braucht man "Lichtventilator" und "Lichtleiter"? Wie baut man Mauern aus Silberlicht? Was kommt dabei heraus, wenn ein Mann mit seinen Füßen das Muster eines Sisalteppichs aufs Stanniolpapier durchdrückt und daraus ein künstlerisches Prinzip entwickelt? Und wie bringt man das Licht zum Vibrieren, zum Zittern?

Mit Wüstensand aufgefüllt

Werke gibt es, die das Staunen lehren, ganz frühe und heutige, etwa 140, Skulpturen, Stelen, Objekte, Gemälde, Reliefs. Sie sind oft dialogisch gegenübergestellt und der architektonischen Herausforderung des vom Österreicher Gustav Peichl gebauten Hauses angepasst.

Ein großes Dreieck am Boden wurde mit Wüstensand aufgefüllt, darüber hängen die Dokumentationsfotos von Macks Wüstenexpedition in den Sechzigern. Die Museumsräume tragen programmatische Bezeichnungen wie "Rotorenraum", "Raum der Farben", "Raum von Licht und Bewegung". Leitmotivisch durchziehen Spiegel den nach Themen geordneten Parcours, vor dem Eingang pendelt ein monströser Spiegelblock von der Decke. Das war des Künstlers Idee, der die Schau mit eingerichtet hat.

Dass Heinz Mack in seiner herzlichen Menschlichkeit, mit bedachter Sinnlichkeit und strengem Intellekt zu Werke gegangen ist, dass er stets unterwegs war auf eigensinnigen Pfaden mit Forschermentalität und Mut zum Performer, dass er bei der Arbeit Perfektionist, Komponist und Poet ist, dies alles wird auf der 2000-Quadratmeter-Fläche deutlich; Kurator Robert Fleck und seine Kollegin Nathalie Hoyos haben es eindringlich inszeniert.

Leise summende Kunstapparate

Zero war der Anfang, in der Ausstellung hängt folgerichtig die karge weiß-schwarze Malerei im ersten Raum; auch das Zero-Gedicht ist zu lesen, es soll auf einer Düsseldorfer Straßenkreuzung von Mack, Otto Piene und Günther Uecker erfunden worden sein.

Zero währte nicht einmal zehn Jahre und steht doch für die Entwicklung einer extremen Position deutscher Nachkriegsbefindlichkeit, die parallel zur Entwicklung der Pop-Art in den USA verlief. Macks erste Holzstelen sind gleich daneben in einem Halbrund aufgebaut — mit archaischen Formen versehen. Zur Malerei gesellt sich der "Stelenwald", "betörend", sagt die junge Kuratorin.

Die Biennale-Besucher hat er in den Siebzigern schon erfreut. "Hypnotisierend" der Rotorenraum mit seinen leise summenden Kunstapparaten. Einer bearbeiteten Scheibe aus Aluminium etwa setzt Mack geriffeltes Glas vor und bringt die Linien zum Tanzen — bewegt von einem Motor. Einen unendlichen Raum hat Mack nebenan erschaffen, drei große Arbeiten und eine Außenmauer erweitern den im Spiegel gebrochenen Blick zwischen "Paravent", "Gesetz + Freiheit" und "Lichtgitter". Die Schaffung eines virtuellen Raumes ist ihm damals schon gelungen.

Auf der Natur-Bühne der Sahara realisierte Mack seinen kühnsten Plan, eine seltsame Kunstwelt im Sand. Er war auf Expedition, wollte die Reflexion beim Wechselspiel des Sonnenlichts untersuchen, einer der ersten Land-Art-Akte. Mittendrin er selbst in einem glänzenden Anzug, schillernd, mitunter auch als eitel abgetan. Dieser Anzug war aus Lurex, ein silbriger Stoff für Partykleider, wegen seiner Strahlkraft dem Zweck entfremdet. Der Anzug hängt heute auf dem Speicher. Macks Utopien haben Kunstgeschichte geschrieben.

Heinz Mack Licht-Raum-Farbe
Bonn, Bundeskunsthalle, ab 18. März

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