"Inselkomödie" feiert in Berlin Premiere Heesters — Comeback mit 106 Jahren

Berlin (RPO). Er ist der älteste Schauspieler der Welt. Am Freitag feiert er in Berlin einmal mehr sein Comeback. Jopie Heesters wird im Alter von 106 Jahren bei der Premiere von Rolf Hochhuths "Inselkomödie" im Berliner Theater dabei sein – als König auf einem Thron.

"Inselkomödie" - Heesters feierte 2010 Comeback
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"Inselkomödie" - Heesters feierte 2010 Comeback

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Berlin (RPO). Er ist der älteste Schauspieler der Welt. Am Freitag feiert er in Berlin einmal mehr sein Comeback. Jopie Heesters wird im Alter von 106 Jahren bei der Premiere von Rolf Hochhuths "Inselkomödie" im Berliner Theater dabei sein — als König auf einem Thron.

Heesters ist zusammen mit Caroline Beil das Zugpferd von Hochhuths Sommeraufführung, die sein mehr als 30 Jahre altes Stück "Lysistrate und die NATO" zum Vorbild hat. Beil ist den Fernsehzuschauern ein Begriff. Die Schauspielerin moderierte ein Boulevardmagazin, spielte in der RTL-Soap "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" (GZSZ) und zog ins Dschungelcamp ein. Ab Freitag lehrt sie als Lysistrate nicht ekelhaften Insekten, sondern den Männern das Fürchten.

Mit Soapdarstellern hat der Maestro so seine Erfahrungen. 2005 wurde seine Komödie "Familienbande" komplett mit "GZSZ"-Personal aufgeführt und gelobt. Für die "Inselkomödie" hat Hochhuth nun neben Beil auch Kostas Papanastasiou verpflichtet, den Inbegriff des griechischen Wirts aus der ARD-"Lindenstraße". Er spielt, wie könnte es anders sein, den griechischen Wirt Konstantinos.

Heesters hält zwei Monologe

Um das altehrwürdige Stück in die Gegenwart zu übertragen, machte Komponist Florian Fries aus 300 Seiten Drama ein modernes Musical. "Ich bin Gebrauchsmusiker, möchte unterhalten, Ohrwürmer schaffen", sagt Fries über das bunte Ergebnis. Nur Heesters darf in der "Inselkomödie" nicht singen. Dem 106-Jährigen bleiben nur zwei Monologe, die er auf einem Thron sitzend rezitiert.

Dafür singen die übrigen Ensemblemitglieder umso mehr. Im schwarzen Minirock und kniehohen Stiefeln stachelt Beil als Lysistrate die Frauen einer kleinen griechischen Insel gegen ihre Männer und den Popen auf. Diese wollen das Eiland den USA als Raketenbasis zur Verfügung stellen, die Frauen wollen lieber Touristen auf die Insel locken.

"Die Kykladen sind zum Fischen und Baden", informiert die holde Weiblichkeit im Chor. Es entbrennt ein Kampf um die Vorherrschaft auf der Insel, den die Damen allesamt in knappen Kleidchen, Bikini oder Nachtwäsche führen. Sex und der Entzug desselben sind ihre Mittel zum Zweck, die Männer sind wahlweise entsetzt oder entzückt.

Während die Ehegatten also alleine auf ihren Bauernhöfen festsitzen und den "Melkstreik" sowie die Abwesenheit ordentlicher Mahlzeiten und Kinderbetreuung beklagen, sammeln die Frauen sich unter Lysistrates Führung im örtlichen Gasthaus. Dort sind auch die Offiziere einquartiert, die die Insel auf ihre Raketenbasistauglichkeit überprüfen sollen.

Dramatiker Hochhuth sieht seine Inselkomödie auch im Gewand des flotten Musicals weiterhin politisch. Die NATO nehme für Westeuropa an Bedrohung zu, je näher sie an Russland heranrücke, so der Dramatiker. "Sollte ein Musical nur dazu gut sein, überhaupt noch an diese Gefahr zu erinnern, hätte es seinen Zweck erfüllt."

Tanzeinlage mit Stühlen

Doch diese Warnung ist leicht zu übersehen, kriechen doch Beils Mitstreiterinnen in Häschenkostümen über die Bühne, wackeln jederzeit ordentlich mit dem Hintern, lassen sich mit pinkfarbenem Schuhwerk bestechen und kichern wie eine Gruppe Teenager auf Klassenfahrt. Sogar eine Tanzeinlage mit Stühlen wird geboten. Ginge es nicht um Raketen und tote Kinder, die Bühne könnte teilweise auch die eines Burlesque-Theaters sein.

Vielleicht war es das, was Regisseurin Mia Kaspari erst Anfang Juli aus dem Ensemble vertrieb. Es habe künstlerische Differenzen zwischen den Schauspielern und ihr gegeben, ließ Hochhuth damals verlauten und rief bei Heiko Stang an. Der brachte in einem "rasanten Inszenierungssprint" die "Inselkomödie" dann doch auf die Bühne.

Ein Happy End also, auch auf der Bühne. Die Soldaten lassen sich von den vielen nackten Schenkeln den Kopf verdrehen und verlassen die Insel in Schimpf und Schande. "Das Schwert der Fremde bricht nur in der Scheide", ruft der Chor der Inselfrauen den Offizieren hinterher. Wirt Konstantinos schenkt zur Feier persönlich den Ouzo ein. Prost!

(DDP/seeg)
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