Brauchtum Halloween - der Heidenspaß

Düsseldorf (RP). Die Kirchen beklagen, die Jugend feiert den Brauch: Halloween. Jene Partynacht zwischen dem Reformationstag und Allerheiligen, in der christliche Botschaften nur noch unterhaltsames Spiel sind.

 Für junge Menschen bedeutet die Nacht zu Allerheiligen vor allem eins: eine rauschende Party.

Für junge Menschen bedeutet die Nacht zu Allerheiligen vor allem eins: eine rauschende Party.

Foto: Julian Omonsky

So skurril es dieser Tage auch klingen mag: In Bayern ist die Welt sehr in Ordnung. Denn weil dort Allerheiligen zu den neun gesetzlich festgelegten "stillen Tagen" zählt, muss am 31. Oktober Schlag Mitternacht Ruhe herrschen. Eine Halloween-Party aber, die um 0 Uhr endet, dürfte für alle Gruselfans wohl der größte Horror sein. Und Ausnahmeregelungen, heißt es, soll es heuer kaum geben.

Diese frohe Botschaft aus dem Freistaat kommt mit einer aufklärerischen Euphorie daher, wie sie allenfalls noch in der Verkehrserziehung zu hören ist: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

Halloween ernsthaft zu begegnen fällt schwer, weil dieses Fest selbst eine Art Vampir ist und sich bei den Kirchen bedient hat: Zwar behaupten manche, es sei uralt und keltischen Ursprungs; doch als wahrscheinlicher gilt, dass es den Vorabend von Allerheiligen meint und als verbaler Klumpatsch aus "All Hallows' Even" hervorgegangen ist. Zudem spielt es in den Gruselfiguren mit Sterben und Tod und bezieht seine Wirkung aus dem Wechsel von Licht und Finsternis — Grundelemente christlicher Metaphorik.

Darin aber offenbart sich keine hypermoderne Form christlichen Totengedenkens. Denn das Erschrecken und das Sterben werden bei Halloween immer bloß als Spiel inszeniert. In ihm wird eine Art Angstkonsum kenntlich, der nur deshalb prickeln kann, weil sein Ende und seine Belanglosigkeit vorgegeben sind. Die kurze Todesahnung wird mit dem Kostüm wieder weggepackt und — wenn es der Terminkalender eben zulässt — im kommenden Jahr wieder herausgekramt.

Die Angst bei Halloween reizt, weil sie für kurze Zeit dem größtenteils funktionierenden Alltag einen zarten Strich durch die Rechnung macht. Aber sie fasziniert, weil sie unverbindlich und aus folgenloser Distanz zu erleben ist.

Ihr zur Seite steht eine Horrorindustrie, die mit Büchern, Filmen, Kostümen und Süßigkeiten sehr ertragreich ist. Was das bringt, kann zwar niemand exakt sagen. Geschätzt wird aber, dass rund um Halloween mehr als 150 Millionen Euro umgesetzt werden. Das ist eine Dimension, die auch bei Veranstaltern mentale Ressourcen freisetzt. So hat selbst der Berliner Zoo nach Anbruch der Dunkelheit Wanderungen für Kinder mit mysteriösen Abenteuern im Programm.

Das alles sorgt für weitere Dynamik in der Verdrängung christlicher Feste. Wobei sich mit Halloween keine dumpfe Spaßgesellschaft austobt. Die Denunzierung einer Generation lenkt von einer zunehmenden und nachhaltigen Kirchenferne ab. In ihr allerdings kommen Hybridformen einer Gesellschaft zum Ausdruck, die den Tod nicht beklagt — wie zu Allerheiligen —, sondern ihm eine Kürbisfratze aufsetzt und ihn hernach grusel- und partykompatibel verspottet. Allerheiligen ist aber auch ein Fest der Erlösung, der Botschaft vom ewigen Leben. In ihr begründet liegt ein Handeln in Verantwortung.

Eine solche Erfahrung und Erinnerung ist Halloween naturgemäß fremd. Das Fest ist wie ein Spiegel, der nur die Oberfläche zu reflektieren vermag. Seine Erlösung ist die Verabschiedung des allerletzten und ermatteten Partygastes. Die alte christliche Übung von Tod und Todeserfahrung — gleichfalls sehr bunt und schrill in den mittelalterlichen Totentänzen dargestellt — wird zu einem Spiel, in dem das auch existentielle Grauen nicht verstanden, sondern bloß noch gebannt werden soll.

Bei so viel Getöse wundert es, dass sich nach einer Umfrage des Internetportals immowelt.de angeblich 60 Prozent der Deutschen nicht für Halloween interessierten. Vielleicht ist das Phänomen ja besonders im Rheinland so verbreitet, den Jagdgründen der Jecken. Und schon wird Konkurrenz gewittert. Schon distanziert sich der "Bund Deutscher Karneval" vom neumodischen Treiben. Auch das ein Indiz, wie schnell Halloween als Brauch Fuß fassen konnte. "Halloween Alaaf!"

(RP)
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