Ausstellung im Haus der Geschichte Hall of Fame der Karikaturisten in Bonn

Bonn (RP). Mit mehr als 75.000 Blättern besitzt das Haus der Geschichte eine der größten Sammlungen von Originalkarikaturen zur deutschen Zeitgeschichte. Die besten werden jetzt in einer Ausstellung gezeigt. Unter den Gezeigten ist auch der Karikaturist der Rheinischen Post, Nik Ebert.

Bonn: Galerie der Karikaturen
11 Bilder

Bonn: Galerie der Karikaturen

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Hans-Dietrich Genschers Zehen ragen frech aus seinen braunen Sandalen heraus. Eine rote Zipfelmütze krönt seinen unverwechselbaren Kopf. Helmut Kohl schiebt hemdsärmelig eine Schubkarre durch den Efeu und blickt selbstzufrieden um sich. Das gediegene Gartenzwerg-Idyll im Blumenbeet vor der Tür verrät sofort, worum es bei dem neuesten Projekt des Bonner Hauses der Geschichte geht: um Politisches - augenzwinkernd und ironisch verpackt.

Seiner Karikaturensammlung widmet das Haus der Geschichte nun ein eigenes Gebäude. Direkt gegenüber vom "Mutterhaus" an der Museumsmeile in Bonn gelegen beherbergt der schlichte Flachbau rund 75000 Zeichnungen und Bilder - von denen allerdings nur wenige für das Publikum zu sehen sind. Die überwiegende Mehrheit der Originale lagert in riesigen Schubladen, wo weiß behandschuhte Mitarbeiter sie archivieren und dokumentieren. Nur etwa 100 "Sahnestücke", wie sich Sammlungsdirektor Dietmar Preißler ausdrückt, bilden die Ausstellung.

Aus fast jedem Jahr seit 1949 findet sich in der Schau eine Karikatur. Ob Frauenbewegung, Kanzlerwahlen, Wiedervereinigung oder Fußball-Weltmeisterschaft - kaum ein politisches oder gesellschaftliches Thema, das die Künstler nicht auf die Schippe nahmen. Den schleppenden "Aufschwung Ost" etwa hat Nik Ebert, der Karikaturist unserer Zeitung, 1994 auf den Punkt gebracht: Selbst im Wasser versinkend, hält Westdeutschland die neuen Bundesländer nur mit Mühe hoch und ruft: "Beeile Dich mit dem Aufschwung! Ich sinke ein."

Man merkt es: In der Welt der Karikaturen geht es nicht nur vergnüglich zu. Die Zeichnungen spitzen zu und übertreiben. Manches Motiv tut ein bisschen weh - und manches geht zu weit. Der kleinen Schau gelingt es, mehr als eine Auswahl gelungener Karikaturen zu präsentieren. Vielmehr wirft sie die Frage auf, was eine Karikatur darf - und was nicht. Eine Darstellung von Franz-Josef Strauß etwa brachte dem Künstler Rainer Hachfeld 1971 eine Geldstrafe ein. Er platzierte den Politiker in einen weißen Kreis auf rotem Grund, die Arme und Beine unnatürlich zu einem Hakenkreuz abgewinkelt. Strauß erstattete Anzeige und bekam Recht.

Die Bonner Karikaturengalerie ist eine Art Geschichtsbuch - und gleichzeitig hundert Mal mehr als das. Denn mehr als die historischen Fakten vermitteln die Karikaturen die Stimmungen, welche die Ereignisse begleiteten. Mal mit wenigen Pinselstrichen, mal in üppig kolorierten Bildern zeigt das "optische Juckpulver", welche Sorgen die Menschen beschäftigten, welchen Politikern sie misstrauten und welche Motive sie hinter ihren Worten und Taten vermuteten.

Antenne für diese Stimmungen waren und sind die Karikaturisten - die auch selbst in der Schau zu sehen sind. Aus 13 Selbstportraits blicken die wichtigsten Vertreter ihrer Zunft (unter ihnen auch Nik Ebert) dem Betrachter entgegen - ein bisschen ironisch, ein bisschen augenzwinkernd. Karikaturisten eben.

Die Karikaturengalerie (Willy-Brandt-Allee 14, 53113 Bonn) ist nur an Sonn- und Feiertagen von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Gruppenanmeldungen nimmt das Haus der Geschichte unter Tel. 0228/9165400 entgegen.

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