Friedenspreis des Buchhandels Gauck lobt Grossman für sein Rebellentum

Frankfurt/Main (RPO). Der israelische Schriftsteller David Grossman ist neuer Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels. Der frühere Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, Joachim Gauck, hielt in der Frankfurter Paulskirche eine beeindruckende Laudatio.

 Joachim Gauck (r.) gratulierte dem israelischen Autor David Grossman mit einer Umarmung und umfangreichem Lob für seine Arbeit.

Joachim Gauck (r.) gratulierte dem israelischen Autor David Grossman mit einer Umarmung und umfangreichem Lob für seine Arbeit.

Foto: AFP, AFP

Grossman sei ein "Symbol der Friedensbewegung", sagte Gauck. Grossman forderte in seiner Rede, Israelis und Palästinenser müssten in Frieden und ohne Hass leben können.

Grossman habe immer wieder deutlich gemacht, dass Menschen "nicht dazu verurteilt" seien, Opfer ihrer Umstände zu sein, sagte Gauck. "Menschen haben eine Wahl." Der Autor habe sich immer für Dialog im Nahost-Konflikt eingesetzt, denn dazu gebe es "keine Alternative". Grossman erhalte den Friedenpreis dafür, "dass er sich unverdrossen weigert, Teil einer Vergeltungsmechanik zu sein".

Der frühere DDR-Bürgerrechtler hob hervor, Grossman sei gegenüber dem Staat Israel loyal. "Doch Grossmans Loyalität ist keine kritiklose Unterordnung." Der Autor und andere Intellektuelle in Israel zeigten, dass neben Solidarität auch die Meinungsfreiheit und der Streit den Staat ausmachten, der als verteidigenswert gelte, sagte der frühere DDR-Bürgerrechtler und ehemalige Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde. "Loyalität und Kritik sind keine Gegensätze, recht verstandene Loyalität und Kritik bedingen einander".

Grossman sagte in seiner Dankesrede, er habe im Nahost-Konflikt gelernt, das Wichtigste sei das Hinschauen: "Die Augen offenhalten, die ganze Zeit, so gut ich kann." Er müsse die Dinge sehen, um zu reagieren. Oft bleibe es dann die einzige Freiheit, "mit eigenen Worten das Schicksal zu beschreiben, das über einen verhängt ist. Manchmal kann dies auch der Weg sein, aus seinem Opferdasein herauszukommen."

Grossman betonte in seiner Rede, beide Seiten - Israel und die Palästinenser - hätten nicht nur ein Recht auf Leben in Frieden, "ohne Besatzung, ohne Terror und Hass". Sie seien auf den Frieden sogar existenziell angewiesen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) gratulierte Grossman zum Friedenspreis. "Dass Ihr Einsatz für den Frieden jetzt von deutscher Seite ausgezeichnet wird, ist mir eine besondere Freude", schrieb der Minister in einem Glückwunschtelegramm. "Die Sicherheit Israels kann ohne einen Friedensschluss mit den Palästinensern nicht gewährleistet werden. Israelis und Palästinenser müssen in Würde leben können. Diese Überzeugung verbindet Sie mit vielen Menschen in Deutschland."

Die Jury des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels hatte Grossman als Preisträger ausgewählt, da er sich "aktiv für die Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern einsetzt". Er versuche in seinem Werk immer, "nicht nur die eigenen, sondern immer auch die Haltung des jeweils Andersdenkenden zu verstehen und zu beschreiben".

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels vergibt den Friedenspreis seit 1950 traditionell am letzten Tag der Frankfurter Buchmesse. Die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung erhielten bislang unter anderen Amos Oz, Theodor Heuss, Astrid Lindgren und Václav Havel.

(AFP/pst)
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