Art Cologne Der Kunstmarkt überschlägt sich

Köln (RP). Erstmals wird die "Art Cologne" im Frühjahr eröffnet - zeitlich umringt von einer Fülle anderer Messen, vor allem in Düsseldorf, Frankfurt und Brüssel. Sie wollen vom derzeitigen Boom des internationalen Kunstmarkts profitieren. Ob sie sich alle werden behaupten können? Kann es denn sein, dass auf der Art Cologne ausgerechnet diejenigen Künstler fehlen, über die alle Welt spricht? Der Katalog nennt weder Neo Rauch noch Struffsky, das solchermaßen verballhornte Düsseldorfer Fotografen-Dreigestirn Thomas Struth, Thomas Ruff und Andreas Gursky.

 Eines der Objekte auf der Art Cologne.

Eines der Objekte auf der Art Cologne.

Foto: ddp

Der Grund der Abwesenheit liegt auf der Hand: Bei den Stars funktioniert der Markt umgekehrt; die Bilder werden nicht verkauft, sondern zugeteilt, ähnlich wie es noch in den sechziger Jahren Wartelisten für Mercedes-Fahrzeuge gab oder bis Ende der achtziger für Trabi, Wartburg und Bananen in der DDR. Wie man hört, hat gute Chancen, einen Rauch zu erwerben, wer sich bei der Vorbestellung verpflichtet, das Werk einem Museum zuzuweisen.

Auch abseits solcher Blüten zeigt sich der Kunstmarkt in einer Verfassung wie schon lange nicht mehr. Als wir auf einem Rundgang über die Art Cologne etliche im Katalog abgebildete Werke original betrachten wollten, stellte sich bei der Recherche heraus, dass sie in 80 Prozent der Fälle bereits verkauft waren und von ähnlicher Ware vertreten wurden. Die Händler bestätigen, dass es ihnen gut geht. Rainer Ludorff von der Düsseldorfer Kö stellt fest: "Es boomt." Doch der Aufschwung auf dem deutschen Kunstmarkt sei nichts gegenüber den Auktionen in London und New York, "wo sich die Preise teilweise verdreifachen". Das könne man fast schon als Überhitzung empfinden. Ludorff ist begeistert vom Verlauf der noch jungen "art Karlsruhe" im März, ebenso wie Otmar Neher aus Essen.

Ob die Art Cologne ebenso erfolgreich wird? Viele Händler sind nicht glücklich angesichts der Verlegung des Kölner Traditionsmarktes vom Herbst aufs Frühjahr, zumal dadurch jetzt nach einem halben Jahr schon die nächste Ausgabe folgt. Manch angesehener Galerist wie der Düsseldorfer Hans Mayer hat daraus Konsequenzen gezogen und sich für einen anderen Frühjahrsort entschieden. Mayer wird Ende dieses Monats an der "Art Chicago" teilnehmen.

Auch in Europa jagen die Termine einander: nach Karlsruhe nun Frankfurt, Köln, danach Düsseldorf mit seiner neuen Gegenwartskunstmesse und die "Art Brussels". Ob alle Märkte überleben, wird stark davon abhängen, ob sie sich auf Dauer eine lohnende Nische erobern können. Frankfurt setzt in diesem Jahr erstmals ganz auf Skulptur - und damit auf ein riskantes Minderheitenprogramm. Denn der angebliche neue Trend zur Plastik ist genauso erfunden wie die meisten Trends.

In Wirklichkeit besteht seit Jahren alles friedlich nebeneinander: Malerei und Fotografie, Skulptur und Video-Kunst, Installationen und Grafik. Davon zeugt auch die Art Cologne wieder, dieser Markt, der sich nach den Worten seines Chefs Gérard Goodrow als "Traditionsmesse" versteht - sicherlich in Abgrenzung zur neuen "dc duesseldorf contemporary", die sich auf international bedeutende Avantgarde-Galerien konzentrieren wird. Damit darüber bloß niemand die Art Cologne aus den Augen verliert, brennt Goodrow ein wahres Feuerwerk von Veranstaltungen und Sonderschauen ab.

Nüchtern betrachtet durchmisst die Art Cologne wiederum die Spanne zwischen klassischer Moderne über die Nachkriegsmoderne bis zur Gegenwartskunst. Zu den teuersten Angeboten zählt Picassos "Büste eines Mannes mit Pfeife" von 1969. Der Salzburger Händler Salis + Vertes verlangt dafür 3,8 Millionen Euro. Auch deutsche Kunst hat ihren Preis. Auf dem wie stets wunderschönen Stand der Münchner Galerie Thomas prangt ein Baselitz für 980000 Euro: "Die Kirche" von 1986, selbstverständlich kopfstehend im beeindruckenden Format 2,50 Mal 2,10 Meter.

Ansonsten: reichlich chinesische und in einem Fall sogar iranische Kunst der Gegenwart, insgesamt viel Malerei - und als Leihgabe der Fondation Cartier in Paris eine riesige Video-Installation von Gary Hill, "Frustrum". Hat natürlich mit der derzeitigen Lage der Art Cologne rein gar nichts zu tun.

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