Sammlung durchleuchtet Bild von Franz Marc in Berlin unter NS-Raubkunstverdacht

Berlin · 2006 sorgte Berlin mit der Rückgabe des Kirchner-Bildes "Berliner Straßenszene" für Aufsehen. Jetzt ließ das Land seine gesamte Kunstsammlung durchleuchten.

 2006 sorgte Berlin mit der Rückgabe des Kirchner-Bildes "Berliner Straßenszene" für Aufsehen.

2006 sorgte Berlin mit der Rückgabe des Kirchner-Bildes "Berliner Straßenszene" für Aufsehen.

Foto: AFP

Das Berliner Bild "Zwei badende Frauen" (1909) von Franz Marc ist unter NS-Raubkunstverdacht geraten. Auch bei zwei Werken von Max Slevogt gibt es Anhaltspunkte, dass die früheren jüdischen Besitzer sie unter dem Druck der Nazis abgeben mussten. Das hat eine dreijährige, systematische Erforschung von 450 Werken der Klassischen Moderne aus dem Berliner Landesbesitz ergeben, wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und das Land Berlin am Montag gemeinsam mitteilten.

Bei 61 weiteren Werken konnte die Herkunft nicht lückenlos nachgewiesen werden. In allen Fällen soll es jetzt weitere Nachforschungen geben. "Die Geschichte abschließend zu klären, ist für uns moralisch wichtig", sagte Berlins Kulturstaatssekretär Tim Renner (SPD).

Preußen-Stiftungspräsident Hermann Parzinger nannte es ein "beruhigendes und erfreuliches Ergebnis", dass bei der großen Zahl der untersuchten Bilder nur in drei Fällen Hinweise auf mögliche NS-Raubkunst aufgetaucht seien. Bei den Slevogt-Werken handelt es sich um die Ölbilder "Don Juans Begegnung mit dem steinernen Gast" (1906) und "Simson zerbricht die Säulen des Tempels" (1906).

Berlin ist das erste Bundesland, das seine gesamte, in der "Galerie des 20. Jahrhunderts" zusammenfasste Sammlung umfassend auf die NS-Vergangenheit hin hat überprüfen lassen. Mit dem 500 000 Euro teuren Projekt waren zwei Provenienzforscherinnen drei Jahre lang intensiv beschäftigt. Bis Ende 2015 sollen die Ergebnisse wissenschaftlich aufbereitet veröffentlicht werden.

In den entdeckten Zweifelsfällen will das Land mit möglichen Erben einstiger jüdischer Besitzer Kontakt aufnehmen. Nach und nach sollen die Bilder auch in die Datenbank Lostart eingestellt werden, um Hinweise auf mögliche Vorbesitzer zu bekommen. "Wir sind hier am Ende angelangt, wir brauchen Hilfe von außen", so Parzinger.

Das gilt beispielsweise für die Skulptur "Mädchenkopf sich umwendend" (1913) von Wilhelm Lehmbruck, die Berlin 1955 von der Galerie Rudolf Springer für seine "Galerie des 20. Jahrhunderts" angekauft hatte.
Die hochkarätige Sammlung wurde nach 1949 vom Land aufgebaut und 1968 den Staatlichen Museen zu Berlin als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Vertreten sind etwa Künstler wie Max Beckmann, Paul Klee, Ernst Ludwig Kirchner, Edvard Munch, Emil Nolde und Pablo Picasso.

2006 hatte Berlin mit der Rückgabe des Bildes "Berliner Straßenszene" von Ernst Ludwig Kirchner für Aufsehen gesorgt. Kurz nachdem die Erbin des ehemaligen jüdischen Eigentümers das Werk zurückerhalten hatte, ließ sie es in New York für fast 30 Millionen Euro versteigern. Neuer Besitzer ist der US-Kosmetikerbe Ronald Lauder mit seiner "Neuen Galerie" in New York.

(dpa)
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