Projekt "Zeitungszeugen" Bayern verbietet Abdruck von Nazi-Zeitungen

München/Berlin (RPO). Das Projekt "Zeitungszeugen" möchte historische Zeitungen aus der NS-Zeit nachdrucken und bekommt wegen deshalb juristische Schwierigkeiten. Das bayerische Finanzministerium untersagte am Freitag die Veröffentlichung von Exemplaren der Blätter "Der Angriff" oder "Völkischer Beobachter".

 Das bayerischen Finanzministerium ist von den "Zeitungszeugen" nicht begeistert.

Das bayerischen Finanzministerium ist von den "Zeitungszeugen" nicht begeistert.

Foto: ddp

Das Finanzministerium forderte die Redaktion des Projekts auf, entsprechende Unterlassungserklärungen abzugeben. Außerdem müssten bereits erschienene "Zeitungszeugen"-Exemplare eingezogen werden.

Die "Zeitungszeugen"-Chefredakteurin Sandra Paweronschitz sprach von einem "Angriff auf die Pressefreiheit". Man werde dem "mit allen juristischen Mitteln entgegentreten - im Zweifelsfall nicht nur vor Zivilgerichten, sondern auch vor dem Bundesverfassungsgericht".

In der Reihe "Zeitungszeugen" werden derzeit vollständige Nachdrucke historischer Zeitungen veröffentlicht. Der auch im Fernsehen beworbenen ersten Ausgabe liegt ein Exemplar der von Joseph Goebbels im Eher-Verlag herausgegebenen Zeitung "Der Angriff" bei. Für weitere Ausgaben war unter anderem auch ein Nachdruck der Zeitung "Völkischer Beobachter" geplant. Beide erschienen damals im Eher-Verlag.

Lizenzrechte beim bayerischen Finanzministerium

Nach Kriegsende ging das gesamte Vermögen inklusive der Lizenzrechte des Eher-Verlag auf den Freistaat Bayern über. Die entsprechende Zuständigkeit dafür obliegt dem Finanzministerium. Dieses betreibt seit Jahren eine restriktive Politik und untersagt Abdruckgenehmigungen im In- und Ausland. Dies geschehe zum einen aus Respekt vor den Opfern des Holocaust, zum anderen als Prävention, um die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts zu unterbinden, teilte das Ministerium mit.

"Zeitungszeugen"-Verleger Peter McGee wies die rechtlichen Ansprüche der Staatsregierung dagegen zurück. "Entgegen den Behauptungen des bayerischen Finanzministeriums ist völlig unklar, ob dem Freistaat die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den NS-Blättern 'Angriff' oder dem 'Völkischen Beobachter' jemals zugestanden haben. Und wenn ja, bleibt fraglich, ob diese Rechte 70 Jahre nach der Veröffentlichung überhaupt noch in Bayern liegen", sagte McGee und kündigte an: "Wir werden dies gerichtlich klären lassen."

"Zeitungszeugen"-Artikel sollen kommentiert werden

Paweronschitz sagte, die Zeitungsartikel würden immerhin durch den Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin, Wolfgang Benz, und den Bochumer Historiker Hans Mommsen kommentiert. "Die Unterstellung, wir würden mit dem Nachdruck dieser NS-Blätter eine Missbrauchsgefahr der NS-Propaganda hervorrufen, ist so kurzsichtig wie falsch", betonte die Chefredakteurin.

(DDP)
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