Fotos Ai Weiwei - vom Künstler zum Regimegegner
Der Chinese Ai Weiwei gehört zu den bekanntesten Künstlern der Welt. Seine Konzeptkunst ist politisch und gesellschaftskritisch. 2011 wurde er in Peking nach regierungskritischen Äußerungen verhaftet und saß 81 Tage an einem unbekannten Ort in Haft. Trotz Repressalien lässt der Regimekritiker sich nach seiner Freilassung nicht den Mund verbieten. Egal, wo er lebt, Missstände benennt und verarbeitet er.
Am 28. August 1957 wurde Ai Weiwei geboren, so steht es auf jeden Fall in seinem Pass. Aber in Wirklichkeit kam er am 18. Mai 1957 zur Welt. Weil seine Eltern nicht ihre Heiratsurkunde bekommen hatten, als seine Mutter mit ihm schwanger war, wurde der Geburtstag am falschen Tag registriert, erzählte der Künstler der Deutschen Presse-Agentur. „Ich wäre sonst als uneheliches Kind angesehen worden und zur Zielscheibe von Diskriminierung geworden“.
Aufgewachsen ist Ai in einem Arbeitslager in der Mandschurei und in Xinjiang. Dorthin wurde sein Vater während der Kulturrevolution 20 Jahre lang verbannt. 1976 kehrt die Familie nach Peking zurück. Zwei Jahre später, 1978 schreibt sich Ai an der Pekinger Filmakademie ein, beendet das Studium jedoch nicht. Erste Kunstwerke entstehen. (Bild von 2016, Ai besucht ein Flüchtlingslager in Idomeni/Griechenland).
1979: Er ist einer der Gründer des avantgardistischen Künstlerbundes "Sternengruppe", die sich in ihren Arbeiten gegen Bevormundung und Zensur wehrt, aber bald verboten wird. (Foto: 2019, Düsseldorf)
1981: Der junge Künstler geht nach New York und setzt dort kurze Zeit seine Studien an der Parsons School of Design fort, bevor er sich in East Village als freischaffender Künstler niederlässt. Später schlägt er sich mit Gelegenheitsjobs in New York und Kalifornien durch. In dieser Zeit beschäftigt er sich mit Konzeptkunst, Performance, Pop Art und Dadaismus. (Foto, 2017)
1993: Wegen der Erkrankung seines Vaters kehrt Ai nach Peking zurück. Er beginnt mit der Produktion von künstlerischen Arbeiten, die sich kritisch mit dem Land auseinandersetzen. So entwickelt er sich zu einem der führenden Künstler Chinas.
1994: Ai Weiwei gründete die Galerie China Art Archives and Warehouse für experimentelle Kunst in Peking. (Foto, 2019)
Oktober 2004: Ai wird in Schanghai erstmals verhaftet, nachdem er Zusammenstöße zwischen Polizisten und Demonstranten fotografiert hatte. Seitdem ist er wegen seines politischen Engagements regelmäßig Repressalien durch chinesische Behörden ausgesetzt. Ai kritisiert Verstöße gegen Menschenrechte, wirtschaftliche Ausbeutung und Umweltverschmutzung in China und nutzt dafür auch Blogs und den Kurznachrichtendienst Twitter, die immer wieder geschlossen und zensiert werden. (Foto: 2016)
7. Mai 2009: Ai erstellt mit zahlreichen Helfern eine Namensliste der beim Erdbeben in Sichuan vom 12. Mai 2008 getöteten Schulkinder. Das schwerste Beben in China seit drei Jahrzehnten hat Zehntausende Menschen das Leben gekostet. 20 seiner Helfer werden festgenommen. Zudem kündigt er an, während der documenta 12 von Juni bis Juli 1.001 Landsleute nach Kassel zu bringen. Arbeiter, Angestellte, Studenten, Schweinebauern und Straßenhändler sollen in fünf Gruppen in die nordhessische Stadt kommen, um am Kunstprojekt "Fairytale" teilzunehmen. (Foto: aus der Ausstellung in Düsseldorf von 2019)
August 2009: Ai will sich in Sichuans Provinzhauptstadt Chengdu für den angeklagten Schriftsteller und Bürgerrechtler Tan Zuoren einsetzen, dem wegen seiner Nachforschungen zum Erdbeben "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" vorgeworfen wird. Ai wird in seinem Hotelzimmer von Sicherheitskräften zusammengeschlagen, verhaftet und anschließend stundenlang festgehalten. Als Spätfolge der Schläge erleidet er eine lebensgefährliche Gehirnblutung und muss sich im September in München einer Operation unterziehen.
6. November 2010: Ai wird nach eigenen Angaben von der Regierung unter Hausarrest gestellt. Ai erklärt, er habe nach Schanghai fliegen und dort mit einer Feier an die Zwangsschließung seines neuen Studios erinnern wollen.
29. März 2011: Ai plant angesichts wachsender Repressionen in seiner Heimat einen Teil-Umzug nach Berlin. (Foto: 2021)
3. Apri 2011: Ai wird morgens auf dem Internationalen Flughafen von Peking am Zoll aufgehalten und von zwei Beamten weggeführt. Später durchsucht die Polizei sein Atelier in Peking und verhört mehrere seiner Mitarbeiter. (Foto: Kunstwerk von Ai mit dem Titel Illumination, 2009)
7. April 2011: Die chinesischen Behörden haben nach einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua gegen Ai Ermittlungen wegen des "Verdachts einer Wirtschaftsstraftat" aufgenommen. Sein Verbleib ist unklar. China reagiert brüskiert auf Kritik aus dem Ausland. (Foto: Ein Detail des Kunstwerks "S.A.C.R.E.D." aus den Jahren 2011-2013 zeigt den Künstler in der Haft.)
7. Mai 2011: Ai Weiwei wird während seiner Haft in China zum Mitglied der Akademie der Künste in Berlin gewählt.
20. Mai 2011: Die chinesischen Behörden werfen einem von Ai geführten Unternehmen Steuerhinterziehung in großen Stil vor. Am 15. Mai darf der inhaftierte Ai erstmals seit seiner Festnahme seine Ehefrau wiedersehen. (Foto: Ein Detail des Kunstwerks "S.A.C.R.E.D." des chinesischen Künstlers Ai Weiwei aus den Jahren 2011-2013 zeigt den Künstler in der Haft.)
22. Juni 2011: Ai Weiwei wird staatlichen chinesischen Medien zufolge auf Kaution aus der Haft entlassen. Tags darauf wird bekannt: Er steht unter Hausarrest. Demnach soll er Steuervergehen gestanden haben.
November 2011: Es wird bekannt, dass der Regimekritiker 1,7 Millionen Euro Steuern nachzahlen sollte. Daraufhin spendeten Menschen Geld, zum Teil anonym und in hohen Summen, sodass der Künstler fristgerecht seine berechnete Steuerschuld zahlen konnte. (Foto: 2020, London)
22. Juli 2015: Ai erhält von den Behörden seinen Pass zurück und kann nach dem aufgelegten Reiseverbot das Land wieder verlassen. Er zieht mit seiner Familie nach Berlin. (Foto: 2015, bei seiner Ankunft in Berlin mit seiner Frau und seinem Sohn.)
2015: Für eine Ausstellung in Melbourne plant er, Porträts von australischen Bürgerrechtsaktivisten in Lego abzubilden. Lego ist die Arbeit zu politisch und will die Steine dafür nicht zur Verfügung stellen. Ai ruft im Internet die Gemeinde auf, Steine zu spenden. Es kommt genug Material zusammen. Am 1. November beginnt er seine Gastprofessur an der Berliner Universität der Künste. (Das Foto zeigt ihn 2019 vor seinem Kunstwerk aus Legosteinen.)
2016: Ai stößt in seiner Kunst immer wieder gesellschaftliche und politische Themen an. So errichtet er auf dem Gendarmenmarkt in Berlin eine Installation aus Schwimmwesten, die von Molivos auf der Insel Lesbos von den 2015 angekommenen Flüchtlingen stammen. Nach einer Reise nach Mexiko setzt er sich künstlerisch mit dem Verschwinden von 43 Studenten auseinander.
2017: In Düsseldorf hat er eine große Einzelausstellung im K20 und K21. Der Titel der Ausstellung: „Everything is art. Everything is politics“. Das Foto zeigt ihn in seiner Ausstellung. Im November erhält er einen Bambi in der Kategorie „Mut“.
2019: Ai zieht nach Cambridge/Großbritannien. Dort lebt er bis 2021.
2020: Der Künstler dokumentiert den Lockdown in Wuhan. Dort nahm die Corona-Pandemie ihren Anfang. (Foto: 2020, Berlin)
2021: Ai zieht nach Lissabon/Portugal. Er kuratiert eine Ausstellung des chinesischen Performancekünstlers He Yunchang und hat selbst eine Ausstellung in Lissabon. Ende 2021 sagt er in einem Interview mit dem Redaktions Netzwerk Deutschland: „Ich habe keine große Motivation mehr, Kunst zu schaffen.“ Stattdessen pflanze er vielleicht Bäume oder baue etwas. Oder er verbringe mehr Zeit mit seinem Sohn, schreibe noch ein Buch oder drehe weitere Filme.
2022: Der Künstler arbeitet wieder mit dem Material Glas. Aus schwarzem Murano-Glas fertigt er die Skulptur „La Commedia Umana“. Ausgestellt wird das Kunstwerk in der Diokletianstherme in Rom. In Venedig wird parallel zur Biennale seine Ausstellung „La Commedia Umana - Memento Mori“ in der Abbazia di San Giorgio Maggiore gezeigt (Foto).