Osnabrücker Bischof Bode geht Ein Rücktritt als Gewinn

Meinung | Düsseldorf/Osnabrück · Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode ist der erste deutsche Bischof, der wegen Fehler im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche sein Amt niederlegt. Der 72-Jährige gehört zu den reformwilligen Bischöfen hierzulande.

 Im September 2022 sprach Bischof Franz-Josef Bode über einen Zwischenbericht der Universität Osnabrück zu sexualisierter Gewalt.

Im September 2022 sprach Bischof Franz-Josef Bode über einen Zwischenbericht der Universität Osnabrück zu sexualisierter Gewalt.

Foto: dpa/Friso Gentsch

Der Rücktritt des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode ist angemessen und notwendig, für manche zwar bedauerlich, für andere aber längst überfällig. Der 72-Jährige hat persönliche Fehler im Umgang mit dem Missbrauchsskandal in seinem Bistum eingeräumt – die ihm bereits im vergangenen Herbst gutachterlich attestiert wurden - und sich ausdrücklich zu seiner Verantwortung bekannt. Das haben vor ihm hierzulande zwar schon andere Kollegen im Bischofsamt mit vergleichbarer Begründung getan, wie etwa Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof Stefan Heße oder Weihbischof Dominikus Schwaderlapp, doch ist Bode der erste hohe Würdenträger, dessen Rücktrittswunsch vom Papst auch angenommen und somit exekutiert wurde.

Zu bedenken ist bei dieser fast überraschenden Nachricht erst einmal das: Wir schreiben das Jahr 2023. Das heißt: Vor 13 Jahren ist mit den Enthüllungen am Canisius-Kolleg der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden; und fünf Jahre ist es her, da die große Missbrauchsstudie für alle deutschen Bistümer ein erstes, aber keineswegs vollständiges Licht aufs Dunkelfeld der Taten und Täter warf. Damals wurden 1670 Kleriker als Täter und 3677 Kinder und Jugendliche als Betroffene sexualisierter Gewalt identifiziert. Dass im Jahr 2023 das erste Rücktrittsgesuch angenommen wurde, ist ein Skandal, der vor allem den Vatikan betrifft.

Dass dennoch zum Rücktritt Bodes auch Bedauern geäußert wird, wie es Bischof Georg Bätzing als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ausführlich tat, liegt an der Beliebtheit des Osnabrückers. Bode gehört zu den reformwilligen Bischöfen, er gab sich umgänglich, arbeitete im Präsidium des Reformprojekts des Synodalen Weges mit. Er wartete darum auch die letzte Synodalversammlung mit seinem Rücktritt ab, damit alle schwierigen Reformdebatten nicht von seiner Personalie überschattet wurden.

Unter vielen Katholiken galt und gilt Bischof Bode als ein „Guter“. Und er gehörte zu jenen, die sich zur persönlichen und institutionellen Schuld ausdrücklich bekannten. Dazu gehörte auch die Eindruck machende Geste, als er 2010 in einem Bußgottesdienst auf dem Boden liegend Betroffene um Vergebung bat. Doch aus diesem Bekenntnis sind zu wenige Taten gefolgt, wie es Bode in seinem Schreiben zum Rücktrittsgesuch selbst betont: „Ich habe Fälle falsch eingeschätzt, häufig zögerlich gehandelt und manchmal falsche Entscheidungen getroffen.“ Darum bekenne er sich ausdrücklich zu seiner Verantwortung und zu seinen persönlichen Fehlern.

Der Rücktritt Bodes ist vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals bedeutsam. Er ist ein Gewinn für die vielen Betroffenen, die von der Kirche mehr als immer nur Gesten und Bekenntnisse erwarten. Er ist auch ein möglicher Gewinn für die Kirche selbst, die mit diesem ersten Rücktritt erkennt, dass zum Bekenntnis des institutionellen Versagen eben auch persönliche Konsequenzen gehören. Kein Rücktritt kann die Wunden heilen, aber jeder Rücktritt öffnet die Chancen zu einem wirklichen Neuanfang.

Auch dabei kann man Bischof Bode beim eigenen Worte nehmen, wie er vor zwei Jahren im Interview mit unserer Redaktion sagte: „Es wird grundlegende Veränderungen geben. Vielleicht bleibt, biblisch gesprochen, kein Stein auf dem anderen. Aber wir werden die Kirche aus diesen Steinen neu aufbauen müssen.“

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