Kölner Stadtarchiv barg 95 Prozent des Archivguts

Köln Fast zweieinhalb Jahre hat es gedauert, bis die Bergungsarbeiten im Kölner Stadtarchiv beendet werden konnten. Am 3. März 2009 war das Gebäude infolge des U-Bahnbaus eingestürzt; ein Großteil der Dokumente wurde dabei verschüttet. Gestern konnte Archivleiterin Bettina Schmidt-Czaia verkünden: "Wir haben etwa 95 Prozent des Archivguts bergen können." Das sei zwar immer noch eine Katastrophe für die Kölner Geschichtsschreibung, aber immerhin sei das Ausmaß kleiner als bislang befürchtet.

Allerdings, so betont Schmidt-Czaia, bedeute "geborgen" noch nicht gerettet; denn das Material befände sich in höchst unterschiedlichem Zustand: 35 Prozent des Archivguts seien schwerst beschädigt, 50 Prozent hätten einen schweren oder mittleren Schaden, und nur 15 Prozent seien lediglich leicht beschädigt.

Die Mitarbeiter des Stadtarchivs haben mit der Bergung erst einen kleinen Schritt geschafft, bevor sie sich der wirklich aufwendigen Aufgabe widmen: Die Bücher und Schriftstücke sind allesamt nass geworden und müssen nun getrocknet werden. Damit das Papier dabei nicht zu stark strapaziert wird, arbeiten die Experten mit Gefriertrocken-Maschinen. Mit dieser Technik wird das Material am schonendsten getrocknet. Anschließend werden die Schriftstücke identifiziert, um mit anderen, thematisch passenden Werken zusammengeführt werden zu können.

Bevor man die Werke der Öffentlichkeit aber wieder zugänglich machen kann, werden sie restauriert. Das ist die Arbeit, die am längsten dauern wird: Wenn das Archiv einen Mitarbeiterstamm von 200 Papierrestauratoren und Hilfskräften hätte, könnte die Arbeit innerhalb von 30 bis 50 Jahren abgeschlossen sein. "Doch im Moment fehlen uns die Fachkräfte", erklärt Schmidt-Czaia. Um dieses Problem zu lösen, will das Archiv auf die Ausbildung von Papierrestauratoren Einfluss nehmen. Es gebe eine Kooperationsidee mit der Hochschule für angewandte Kunst in Hildesheim, wo Studierende die Möglichkeit erhalten sollen, im Stadtarchiv Köln praktische Erfahrungen zu sammeln. "Im Grunde bieten wir hier einen Job auf Lebenszeit", sagt Schmidt-Czaia.

Die Kosten für die Restaurierung und die Zusammenführung der Bestände schätzt das Stadtarchiv auf etwa 350 bis 400 Millionen Euro. Den Aufwand für die Bergung und Wiederherstellung des Archivs begründet Schmidt-Czaia damit, dass diese Schriftstücke für die zukünftigen Generationen von großer Bedeutung sein könnten, und man ihnen die Chance geben muss, Fragen an die Vergangenheit zu stellen. Außerdem sei das Archiv verpflichtet, die Akten bei Beschädigung entsprechend wiederherzustellen.

(RP)
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