Köln Kölner Philharmonie: Alvin Ailey feiert die Bewegung
Köln · Muss Tanz immer etwas erzählen? Oder darf er einfach nur schön anzugucken sein? Diese Frage stellt sich beim Alvin Ailey American Dance Theatre, das nach 2011 zum zweiten Mal im Rahmen des Kölner Sommerfestivals gastiert. Seine von unterschiedlichen Choreografen erarbeiteten Stücke reißen mit ihrer Dynamik, ihrer tänzerischen Perfektion mit, ohne dass sich der Sinn unbedingt auf erzählerische Weise erschließt.
Vielleicht ist es nur unsere Tradition des Tanztheaters, das stark geprägt ist von erzählerischen Elementen und Spielszenen, die eine falsche Erwartungshaltung erzeugt. Bei Alvin Ailey stehen der Tanz und die Freude an der Bewegung zu Musik im Vordergrund. Etwa im ersten Stück des vierteiligen Abends, "Grace" von Ronald K. Brown. Eine Tänzerin - ganz in Weiß - bekommt Gesellschaft von mehreren Tänzern in Feuerrot. Es geht um Gegensätze, um Anziehung und Abstoßung, um Gemeinschaft und Vereinzelung. Die Hände gen Himmel gereckt verweisen sie gemeinsam auf die spirituelle Note dieser getanzten Suche nach Gnade. Am Ende stehen alle ganz in Weiß da.
Bei "Home" von HipHop-Regisseur Rennie Harris meint man schon mehr, eine Geschichte zu entdecken. Tänzer in Alltagsklamotten wogen im Gleichklang, bevor sich einer sich aus der Gemeinschaft löst. Es geht um ein Leben mit Aids. In teils irrwitzig schnellen Rhythmen tanzt sich das Ensemble durch eine Art Evolution der Bewegungen: Von Afro mit schnellen Hüftbewegungen geht es über Modern und Jazz Dance bis zu HipHop und Streetdance. Mitreißend ist das.
"In/Side" von Robert Battle, zweiter Künstlerischer Leiter der Compagnie nach dem 1989 verstorbenen Alvin Ailey, ist ein getanzter Schrei nach Liebe zur ergreifenden Ballade "Wild is the Wind" von Nina Simone. Der aufgerissene Mund des Solotänzers, die greifenden Hände, das Rollen des fast nackten Körpers über die Bühne machen die Verzweiflung körperlich spürbar.
Wie schon bei dem Gastspiel 2011 schließt der Abend mit dem unverwüstlichen "Revelations" des Compagniegründers. Das Stück beweist, wie zeitlos schön diese Choreografie ist, wenn immer wieder andere Tänzer ihm Energie schenken.
Info Kölner Sommerfestival bis 17.8. . www.koelnersommerfestival.