Auktionspalast mit Rheinblick Sotheby’s versteigert jetzt in Köln

Köln · Als erstes internationales Auktionshaus versteigert Sotheby's künftig auch in Deutschland. Es hat seinen deutschen Hauptsitz von Frankfurt nach Köln verlegt.

 Das Kölner Palais Oppenheim ist der neue Hauptsitz des Auktionshauses Sotheby’s.

Das Kölner Palais Oppenheim ist der neue Hauptsitz des Auktionshauses Sotheby’s.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Der Name Sotheby's ging wieder einmal um die Welt, als das New Yorker Auktionshaus vor drei Jahren "Girl with Balloon" von Banksy für umgerechnet 1,2 Millionen Euro versteigerte. Unmittelbar danach zerstörte ein vom Künstler in den Rahmen eingebauter Schredder einen Teil des Bildes - zur Überraschung der Öffentlichkeit und ebenso der ungenannten Käuferin. Die nahm das schadhafte Mädchen mit dem Ballon dennoch entgegen. Im Oktober wird es erneut versteigert, vermutlich für ein Vielfaches des ersten Preises.

Der Alltag bei Sotheby's sieht anders aus. Die meisten Besucher der regelmäßig in aller Welt angebotenen Ausstellungen gieren weder nach einem Millionenobjekt noch gar nach einer bösen Überraschung. Vielmehr werfen sie ein Auge auf Objekte zu Schätzpreisen zwischen 3000 und 400.000 Euro, wie sie zurzeit im Kölner Palais Oppenheim unmittelbar am Rhein zu sehen sind.

Sotheby's, seit langem in Köln durch eine Niederlassung vertreten, hat soeben die Beletage dieses Neorokoko-Baus mit geschwungener Freitreppe und großzügiger Terrasse bezogen und damit zugleich sein deutsches Hauptquartier von Frankfurt an den Rhein verlegt. Dort, wo einst die Bankiersfamilie Oppenheim ihren Wohnsitz hatte, wird Sotheby's nun als einziges internationales Auktionshaus in Deutschland Kunst nicht nur zeigen, sondern - vorläufig online - auch versteigern.

Barbara Guarnieri, neu ernannte Leiterin von Sotheby's Köln und Expertin für zeitgenössische Kunst, berichtet, was den Ausschlag für die Wahl des neuen Hauptsitzes gab: an erster Stelle die beeindruckende Immobilie, dazu die Infrastruktur aus Art Cologne und Museen und die Tatsache, dass rings um Köln, Düsseldorf und im Ruhrgebiet zahlreiche Sammler zuhause sind.

Noch näher an die Kunden", so lautet das Motto. Versteht sich, dass im kunstsinnigen Rheinland immer wieder auch Sammlungen aufgelöst werden, so dass einzelne Werke oder ganze Kollektionen in den Kreislauf des Kunstmarkts zurückkehren. Die in Köln zum Kauf angebotenen Arbeiten stammen überwiegend aus Deutschland und den Nachbarländern, vor allem aus Benelux.

Eva Donnerhack, Sotheby's-Verkaufschefin in Deutschland mit Sitz in Köln, erläutert beim Rundgang durch die erste Ausstellung in der Villa Oppenheim die Vertriebswege. Die derzeitige Doppelschau – neben moderner und zeitgenössischer Kunst eine Auswahl an Luxusartikeln wie Handtaschen und Uhren mit Sammlerwert – ist ins Internet gestellt, und man kann dort ab sofort mitbieten. Gleichzeitig befindet sich unter den Ausstellungsstücken eine Anzahl von Werken, die nicht über die Versteigerung, sondern zu einem Festpreis verkauft werden. Dieses Verfahren kommt zum Beispiel Museen entgegen, die für den Erwerb eines Bildes erst mehrere Stifter koordinieren müssen und als Grundlage eine unverrückbare Summe benötigen.

Der Gesamtschätzwert des derzeitigen, mehr als 70 Losnummern umfassenden Online-Angebots an Kunstwerken liegt bei zwei Millionen Euro. In einzelnen Fällen, so weiß Verkaufschefin Donnerhack aus Erfahrung, kann die Versteigerung eines Bildes auch schon mal das Vierfache des Schätzwerts erzielen. Da gebe es immer wieder Überraschungen.

Die Zeit der Lockdowns, so weiß sie zu berichten, habe die Anzahl der Online-Käufer erheblich steigen lassen, allein 2020 auf das Dreifache. Dabei hat Eva Donnerhack festgestellt, dass sich der Trend zur Farbe, wie er sich bereits vor Corona abzeichnete, weiter verstärkt hat. Das spiegelt sich im Angebot wider. Max Pechsteins expressionistische "Herbstschatten" sind im Atelier verbildlichte Erinnerungen an seine Aufenthalte im baltischen Nidden, wo er mehrfach die Sommermonate verbracht hatte. Ein rötlicher Weg führt zwischen Schatten werfenden Bäumen aus dem Gemälde hinaus, ineinandergreifend verströmen Grün und Rot innige Wärme (Schätzpreis: 120.000 - 180.000 Euro).

An der Versteigerung von Emil Noldes Aquarell "Dschunke mit gelbem Segel vor violettem Himmel" (Schätzpreis: 24.000 - 34.000 Euro) wird Sotheby's keinen Cent verdienen. Denn das Auktionshaus versteigert das aus den USA eingelieferte Blatt zugunsten der Lange Foundation in Los Angeles, einer wohltätigen Stiftung für Tierrettung und -hilfe.

Das Objekt mit dem höchsten Schätzpreis ist Max Liebermanns Ölgemälde "Der Nutzgarten in Wannsee nach Westen", eine stimmungsvolle Landschaft für 300.000 bis 400.000 Euro.

Eine Druckgrafik von Andy Warhol, "Queen Ntombi Twala", und eine dreiteilige, mit räumlicher Tiefe spielende poppige Malerei des Tschechen Jan Kaláb setzen weitere Farbakzente zur Verschönerung des Heims in Zeiten des Homeoffice. In den unterschiedlichen Räumen des Palais, vom hohen Zentralsaal unter einem gläsernen Ornament bis zum intimen Kabinett, kommt die Kunst stilvoll zur Geltung, ganz im Lebensgefühl der Oppenheims von einst.

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