Klicktipps: Das Gegenteil des ZDF-Fernsehgartens

In der Rubrik "Klicktipps" stellen wir Links zu kostenlosen MP3-Downloads, Konzerten, Videos und Indie-Rockbands vor. In dieser Woche führt Liebeskummer zum Ausdruckstanz.

Ist Traurigkeit tanzbar? Unbedingt, denkt sich die junge Liedermacherin Julien Baker und überlässt im Video "Appointments" fünf Ausdruckstänzerinnen die Aufgabe, den Seelenschmerz einer verlorenen Liebe zu visualisieren. Klingt wirr, ist aber eines der berührendsten Stücke dieses langen Jahres; zerbrechlich am Anfang, im richtigen Moment laut und mit einer Stimme, wie sie dringlicher gerade kaum eine zweite findet. Auf Vimeo steht die hinreißende Bitte, im tiefsten Liebeskummer zumindest wichtigen Terminen nachzukommen.

In diese zarte Melancholie hinein fräsen Fjørt. Die kommen aus Aachen und machen seit fünf Jahren den guten, weil klugen Posthardcore. Also mit Texten, die mehr sein wollen als irgendwelche Laute im Schreien des Sängers, sondern Stellung zur Gegenwart beziehen. (siehe "1933 Gründe schwarz zu sehen") Einige Stücke ihrer aktuellen CD "Couleur" spielten sie letztens live in einem Hotel ein. Das Video davon findet sich - für alle zugänglich - auf ihrer Facebookseite.

Zwischen Postcore und Postrock liegen nur wenige Buchstaben, musikalisch aber Welten. Die Welt sollte auch die Postrocker Shipwrecks hören. Die haben vor zwei Jahren eine atemberaubende EP vorgelegt, jetzt folgt das ebenso erhebende Album. Alle Tugenden des Genres werden darin gekonnt ausformuliert, was sich besonders beim atmosphärischen "Monument" zeigt. Lässt sich auf Bandcamp hören.

Zum Schluss das Gegenteil des ZDF-Fernsehgartens: ein zwanzig Minuten dauernder Jazz-Tribut an die Noiserock-Legende Shellac. Was für die einen Inbegriff des Wortes "sperrig" sein könnte, löst bei anderen Glückskribbeln aus. Weil es der reine Genuss ist, das Dissonante von Steve Albinis Band mit forderndem Freejazz kombiniert zu hören. "Hydroplane (For Shellac)" steht auf der Bandcampseite von Made To Break. Und wer davon nicht genug kriegen kann: Das Ensemble um den Saxofonisten Ken Vandermark hat ein weiteres Lied der Essayistin Susan Sonntag gewidmet.

Die Links zu den Downloads gibt es unter www.rp-online.de/herzrasen und ngz-online.de/herzrasen.

(RP)
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