Kinofilm über den Kölner Rockmusiker  Jürgen Zeltinger ganz privat

Eine Doku geht der Frage nach, wie man als Rockmusiker eigentlich altert.

 Weich gebettet: Jürgen Zeltinger, Ende 60, lud die Dokumentarfilmer zum Interview in seine Wohnung ein.

Weich gebettet: Jürgen Zeltinger, Ende 60, lud die Dokumentarfilmer zum Interview in seine Wohnung ein.

Foto: mindjazz pictures

Was für ein Typ: Jürgen Zeltinger ist Kölner Original, Straßenmusiker, Schläger, Spinner, Tunte und Ende der 1970er war er zusammen mit BAP der erste, der Rock op Kölsch gemacht hat – mit der legendären Zeltinger Band. Der Film „Asi mit Niwoh – Die Jürgen Zeltinger Geschichte“ zeichnet diese unwahrscheinliche Lebens- und Erfolgsgeschichte nach und fragt auch, wie man eigentlich als schwuler, stets klammer Rockmusiker altert, der sich nicht um traditionelle Beziehungsmodelle und seine Gesundheit schert?

Zum Zeitpunkt des Filmdrehs ist Jürgen Zeltinger 68 Jahre alt. In den meisten Interview-Sequenzen liegt er auf dem Bett seines kleinen Zimmers in einer Art Wohngemeinschaft wie ein römischer Statthalter im Asterix-Comic und ruht seinen gewaltigen Bauch aus. An Anekdoten mangelt es ihm nicht: Seit der Gründung seiner Zeltinger Band 1979 war er für ein paar Jahre der Allergrößte, für das Ramones-Cover „Müngersdorfer Stadion“, den „Tuntensong“ oder „Sozialamt“ gefeiert und in TV-Shows entweder hofiert oder wie ein Faszinosum beäugt. In der ersten Besetzung der Band saß sogar Jaki Liebezeit von Can am Schlagzeug. Und von seinem ersten Gitarristen Arno Steffen stammt die Legende vom zwangsrekrutierenden Zeltinger: „Es hieß: ‚Ab morgen spielst Du in meiner Band, sonst gibt es Ärger.’“

Regisseur Oliver Schwabe wirft den Zuschauer erst einmal mit Wucht und getrieben von harten Rockriffs in diese heiße Zeit. Weggefährten wie Arno Steffen oder Wolfgang Niedecken kommen ausführlich zu Wort und malen das Bild von einem Typen, der faszinierend, total authentisch, aber auch angsteinflößend war. Dagegen stehen die Szenen aus der Jetzt-Zeit: Der gealterte Jürgen Zeltinger kommt bei seinen Zigarette drehenden Kumpels am Eck-Bistro an und verspeist gemächlich zwei halbe Brötchen. Wenn neben seinem E-Scooter ein Motorrad startet, scheint der Film zu sagen: Seine wilden Jahren sind vorbei.

Aber das stimmt nicht. Jürgen Zeltinger tritt nach wie vor live auf, sitzt beim Singen auf einem Barhocker und übergießt seinen jungen Gitarristen mit Bier. Dennis Kleimann heißt der, ist Mitte 20 und steht bald selbst im Fokus des Films. Weil er zu der kleinen Familie gehört, mit der sich der Kölner Rocker im Alter ein soziales Netz geschaffen hat, das ihn trägt. Was er vorhat bis er abtritt, gibt er in diesem Filmporträt, das so schonungslos offen und authentisch ist wie er selbst, unumwunden zu: „Wenn ich nicht mehr spiele, bin ich tot.“

Asi mit Niwoh, Deutschland 2018, von Oliver Schwabe, mit Jürgen Zeltinger, Dennis Kleimann, Arno Steffen, Heiner Lauterbach und Wolfgang Niedecken, 90 Minuten

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