Thomas Freitag im Kom(m)ödchen Der Mensch braucht einen Beipackzettel

Düsseldorf · Im Kom(m)ödchen gibt es ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten: Thomas Freitag verbindet Lebenserinnerungen mit kabarettistischer Philosophie.

 Thomas Freitag ist ein Meister der sprachlichen Virtuosität geblieben.

Thomas Freitag ist ein Meister der sprachlichen Virtuosität geblieben.

Foto: Pepijn Vlasman

Der Kabarettist Thomas Freitag und das Kom(m)ödchen, das ist eine ganz besondere Beziehung. „Ich liebe dieses Haus“, sagte er auch jetzt, noch vor Beginn seines neuen Programms „Hinter uns die Zukunft“, mit dem er auch heute Abend noch einmal auftritt. Fast Zehn Jahre lang, von 1977 bis 1986, hat er selbst zum Ensemble des Düsseldorfer Kom(m)ödchens gehört. Unzählige Male ist er zusammen mit Lore Lorentz aufgetreten. Später, auf den vielen Solo-Tourneen, war der Besuch am Kay-und-Lore-Lorentz-Platz für Freitag stets ein Heimspiel.

Er habe die Geschichte des deutschen Kabaretts maßgeblich mitgeschrieben, heißt es von dem 1950 im hessischen Alsfeld geborenen Künstler. Das tut er weiterhin, wie der ausverkaufte Düsseldorfer Abend bewies. Inzwischen ist aus dem genialen Polterer ein Mann mit eher leisen, nachdenklichen Tönen geworden. Zu seinem 70. Geburtstag hat er eine Art Lebensbuch geschrieben, „mehr als eine Autobiografie“, wie er sagt. Sein neues Programm ist eine Mischung aus Lebenserinnerungen und politischer Kabarett-Philosophie.

Der Mensch als Krone der Schöpfung braucht einen Beipackzettel, glaubt Freitag, und zieht prompt eines dieser unendlich lang gefalteten Papiere hervor. Von Helikopter-Eltern übermäßig umhegt, schon vor dem ersten Schultag mit dem Kainsmal „hochbegabt“ versehen, ist das menschliche Leben eine einzige Kette von Nebenwirkungen. Und was tut der Staat? Der ist mit seinen eigenen Nebenwirkungen beschäftigt, auch weil eine als Handarbeitslehrerin verkleidete Verteidigungsministerin zu lange die Befehle gab. „Regenwürmer haben mehr Rückgrat“, resümiert der kritische Beobachter.

In früheren Jahren hätte Thomas Freitag jetzt eine seiner unvergleichlichen Parodien gestartet, genussvoll Politiker imitiert wie damals Willy Brandt, Franz-Josef Strauß oder Herbert Wehner. Wie in den erfolgreichen Fernsehstunden mit „Scheibenwischer“ oder „Freitags Abend“. Auch in diesem Programm gibt er kleinere Kostproben seiner sprachlichen Virtuosität. Sein persönlicher Rückblick aber endet mit der Frage, was eigentlich falsch gelaufen ist, wenn man Franz-Josef Strauß verhindern wollte, um am Ende Donald Trump in die Augen zu blicken.

Für den Aktualitätsbezug muss die Klimakrise in den Freitag-Abend eingepasst sein, auch die geschlechtergerechte Sprache: „Auf den Rinderwahn folgt der Genderwahn.“ Und natürlich der Ukrainekrieg. Nichts kann hier treffender sein als das legendäre Diktum der Kom(m)ödchen-Prinzipalin Lore Lorentz: „Frieden ist Krieg, der woanders ist.“

Beim Backstage-Gespräch erinnert sich Thomas Freitag an den Beginn seines Engagements durch Kay Lorentz. Als dreister Nobody zwang er den berühmten Theaterleiter, sich zur Vertragsunterzeichnung mit ihm auf der halben Strecke zwischen Stuttgart, wo er am Renitenztheater auftrat, und Düsseldorf zu treffen: vor dem Limburger Dom, dessen späterer Hausherr bekanntlich mit seiner Badewannen-Nummer unfreiwillig ins Kabarett-Geschäft einstieg.

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