Julia Stoschek Collection  Julia Stoschek setzt weiter auf Düsseldorf

Die Kunstsammlerin schließt ihre Berliner Dependance. Ihren Lebensmittelpunkt hat sie nach Los Angeles verlegt.

 Die Kunstsammlerin Julia Stoschek.

Die Kunstsammlerin Julia Stoschek.

Foto: Peter Rigaud

Seit 2016 betreibt Julia Stoschek eine Dependance ihrer Medienkunstsammlung in Berlin. In einem Beton-Glas-Quader auf der schmucklosen und von sozialistischen Plattenbauten eingefassten Leipziger Straße wird ein Teil der Sammlung gezeigt. Allerdings nur noch bis 2022. Denn dann läuft der Mietvertrag für das Gebäude aus. Zu DDR-Zeiten befand sich dort das tschechische Kulturzentrum. Stoschek investierte einen Millionenbetrag, um das marode Gebäude in einen 2500 Quadratmeter großen Ausstellungsraum umzuwandeln. Eine Einigung mit dem Bund, dem Besitzer der Immobilie, konnte jedoch noch nicht erreicht werden. „Stand jetzt ist, dass wir 2022 ausziehen werden“, sagt Robert Schulte, Pressesprecher der Stoschek-Collection. Besonders in Berlin schlägt das Thema hohe Wellen, schließlich haben innerhalb weniger Wochen auch die Kunst-Mäzene Mick Flick und Thomas Olbricht angekündigt, ihre Sammlungen aus der Stadt abzuziehen.

Wie es mit der JSC in Berlin nun weitergeht, will Schulte nicht sagen. Allerdings gibt es Gerüchte, wonach die Sammlung eine neue Dependance in Los Angeles eröffnen wird. Dort residiert Klaus Biesenbach, Stoscheks künstlerischer Mentor und Direktor des Museum für zeitgenössische Kunst (MOCA), in dessen Aufsichtsrat die Sammlerin sitzt. Biesenbach, als ehemaliger Leiter des New Yorker MoMA PS1 ein Schwergewicht in der internationale Kunstszene, lobt Stoschek als eine Ausnahmeerscheinung für deutsche Sammler, da sie nach amerikanischem Vorbild Institutionen fördere. So hat Stoschek folgerichtig ihren Lebensmittelpunkt nun ins sonnige Kalifornien verlegt. Ein Grund mehr, warum ihr der wahrscheinliche Wegzug aus Berlin nicht schwer fallen könnte.

An der Bedeutung des Düsseldorfer Stammhauses soll sich aber nichts ändern, beteuert Julia Stoschek: „Die Sammlung hat ihre Heimat in Düsseldorf, und das wird auch immer ein fixer Standort bleiben.“ Seit der Gründung 2007 in dem umgebauten Fabrikgebäude an der Schanzentraße wird die Sammlung von hier aus geleitet, erweitert und archiviert. Dafür investierte sie fast acht Millionen Euro in den denkmalgerechten Umbau des Gebäudes. Neben den Ausstellungsräumlichkeiten auf zwei Stockwerken und einem Kino im Keller befindet sich hier die Verwaltung und ein Medienkunstdepot. Im Zuge der Corona-bedingten Schließung des Stammhauses hatte die JSC schon viele Videoarbeiten online gestellt.

Bis Ende des Jahres soll zusätzlich ein neuer Forschungsraum eröffnet werden. Finanziert durch Fördermittel des NRW-Kulturministeriums werden Künstler, Studenten, Forscher und Interessierte Zugang zur gesamten, fast 900 Werke umfassenden Sammlung bekommen. „Dafür öffnen wir unsere Bibliothek und stellen einen Computer mit dem gesamten Archiv zur Verfügung“, sagt Anna-Alexandra Pfau, Leiterin der JSC. Darunter werden dann auch jene Video- und Mehrkanalarbeiten sein, die nicht auf der Seite der Sammlung im Internet zugänglich sind.

Zusätzlich zur Sammlungsrecherche wird eine Recherche im hauseigenen Bibliotheksbestand möglich sein. „In unserer Bibliothek stehen derzeitig mehr als 3100 Publikationen zur Verfügung, davon fast 1600 Ausstellungskataloge und 1000 Publikationen zu zeitbasierter Medienkunst sowie rund 1100 Publikationen zum Thema Fotografie“, sagt Pfau. Außerdem werde die Bibliothek ständig erweitert und im Hinblick auf relevante Neupublikationen auf dem aktuellen Stand gehalten. Ergänzend zu dieser Forschungsplattform wird die JSC im Winter zwei Workshop zum Thema Sammeln und Archivieren von zeitbasierter Kunst anbieten. Dort soll ein Einblick in die Langzeitarchivierung von zeitbasierter Kunst, die Besonderheiten des Ankaufs dieser Kunstform sowie das in Europa einzigartige Medienkunstdepot gegeben werden.

Alles in allem ist Julia Stoschek also von Düsseldorf weiterhin überzeugt. „Die Schanzenstraße ist unser Mutterschiff, unsere Homebase“, sagt die Sammlerin. Schließlich habe hier alles begonnen, außerdem liebe sie die Düsseldorfer Kunstszene. Allerdings gab es vor rund zehn Jahren auch kurzzeitige Zweifel am Standort in Oberkassel. Nach den ersten Bebauungsplänen für den hinter ihrer Sammlung gelegenen Belsenpark, protestierte Stoschek lautstark dagegen und drohte sogar mit dem Wegzug. Unterstützt wurde sie damals von der Düsseldorfer Künstlerschaft, allen voran von ihrem damaligen Partner Andreas Gurksy.

Nur wenige Meter von ihrer Sammlung entfernt sollten über 20 Meter hohe Gebäude für Büros und Wohnungen entstehen. Damals einigte sich die Mitinhaberin des Autozulieferers Brose mit der Stadt, der Bebauungsplan wurde geändert und dem denkmalgeschützten Gebäude mehr Raum gegeben.

„Düsseldorf wird als Standort meiner Sammlung immer bestehen bleiben“, verspricht Julia Stoschek abschließend.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort