Premiere im Theater an der Kö Das Ende einer Freundschaft

Düsseldorf · In der Komödie „Abschiedsdinner“ geht es um Wert und Wichtigkeit gewachsener Freundschaften. Jochen Busse hat das Dreipersonenstück im „Theater an der Kö“ inszeniert.

 Das „Abschiedsdinner“ im Theater an der Kö mit (v.l.).Martin Semmelrogge, Mariella Ahrens und Marko Pustisek.

Das „Abschiedsdinner“ im Theater an der Kö mit (v.l.).Martin Semmelrogge, Mariella Ahrens und Marko Pustisek.

Foto: Theater an der Kö

Energisch drängt Clotilde ihren Mann Pierre zum Aufbruch. Denn das Paar ist eingeladen, er aber trödelt herum. Darüber kommen sie ins Grübeln: Eigentlich haben wir keine Lust auf den Abend. Was verbindet uns noch mit diesen Freunden? Er ist eine Nervensäge, sie tischt seltsame Gerichte auf. Man müsste, sinniert Pierre, so keck sein wie Boris. Der bittet Freunde, die er loswerden will, zu einem Abschiedsdinner, kredenzt den ahnungslosen Opfern teuren Wein, spielt ihre Lieblingsmusik und entlässt sie aus seinem Leben.

Allein die Vorstellung berauscht das Paar. Ja, so machen sie es demnächst auch, um ihre Freizeit zu optimieren und sie nicht sinnlos mit öden Gesprächen zu vergeuden: „Wir werden zu Gärtnern unseres Glücks.“ Zunächst sagen sie die Einladung mit der absurden Begründung ab, Pierre habe eine hochansteckende Geschlechtskrankheit.

Die Plänkeleien stimmen das Publikum im „Theater an der Kö“ auf die französische Komödie „Abschiedsdinner“ ein, inszeniert von Jochen Busse. Mit ihrer brillanten Satire „Der Vorname“ (2010) hatte das Autoren-Duo Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière“ die eigene Messlatte hochgelegt. Ein Renner auf dem Boulevard, fürs deutsche Kino von Sönke Wortmann verfilmt. Auch der Nachfolger wird seit acht Jahren rauf und runter gespielt.

Die Konstellation im „Abschiedsdinner“ ist in der Tat reizvoll. Wer hätte sich diese Gedanken nicht auch schon gemacht: Wie gehen wir um mit einer öde gewordenen Freundschaft? Warum bringen wir nicht den Mut auf, sie zu beenden, anstatt uns immer wieder auf Heucheleien einzulassen?

Pierre (Marko Pustisek) und Clotilde (Mariella Ahrens) machen Nägel mit Köpfen. Sie bitten Bea und Antoine zum vermeintlich letzten Abendmahl. Alles ist perfekt vorbereitet. Es läuft indische Musik, der sündhaft teure Wein aus Antoines Geburtsjahr 1967 ist entkorkt. Pierre trägt sogar das alberne Zebra-Hemd, ein Geschenk von Antoine. Doch dann ist Bea verhindert, der Freund erscheint allein. Was nun? Den Plan aufgeben oder durchziehen? Die beiden halten daran fest. Nur kommt ihnen Antoine (Martin Semmelrogge) bald auf die Schliche. Er spricht das ihm vertraute Ritual des Abschiedsdinners an, empört sich über den unverschämten Boris, die Lieblingsmusik, den edlen Tropfen – und hält erschüttert inne, als ihm die Wahrheit dämmert. Genau dieses Szenario hat er vorgefunden. Die Freunde wollen ihn loswerden.

Das Publikum weidet sich am kauzigen Auftritt von Martin Semmelrogge, der sich ein bisschen arg durch das Stück nuschelt. Mariella Ahrens spielt ihre Rolle abgeklärt und setzt mit trockenem Humor etliche Pointen. Souverän schlägt Marko Pustisek Volten auf schmalem Grat. „Unsere Freundschaft ist mechanisch geworden“, sagt er tapfer zu Antoine, „was vor sich hinsiecht, sollte man in Schönheit sterben lassen.“ In einem beeindruckenden Monolog läuft der Schauspieler zur Hochform auf. Verblüffend, dass man dabei immerzu an Jochen Busse denken muss. Der hätte das ähnlich deklamiert.

„War ich die erste Wahl?“ will Antoine nach der Offenbarung wissen. Pierre windet sich. „Es stand auf Messers Schneide, aber du hast gewonnen.“ Man hätte sich im „Abschiedsdinner“ noch mehr von solchen spritzigen Dialogen gewünscht. An den Esprit und den vergnüglichen Sarkasmus von „Der Vorname“ reicht dieses Dreipersonenstück nicht heran. Das zeigt sich auch nach der Pause beim Vorschlag von Antoine, mit Pierre die Kleider zu tauschen, um sich besser in den anderen einfühlen zu können. Also lassen sie in einer verkrampften Szene hinterm Sofa die Hosen runter.

Und dann? Dann beginnt alles von vorn, die Freunde imitieren sich gegenseitig und sind überzeugt: „Wir treten ein ins Reich der Wahrhaftigkeit!“ Ganz nett, aber ein etwas dürftiger dramaturgischer Kniff, mit dem man da abgespeist wird. Zu essen gibt es beim „Abschiedsdinner“ übrigens lange nichts, bis Clotilde endlich ein einziges Näpfchen Gazpacho serviert. Am Ende der insgesamt schwungvollen Premiere bleibt durchaus Stoff zum Nachdenken – über den Wert von Freundschaft und den Willen, alte Bande neu zu knüpfen.

Viel Beifall für das Trio auf der Bühne.

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