München Die Erfinderin der Wawuschels ist tot

München · Irina Korschunow hatte weltweit Erfolg. Auch "Findefuchs" kam bei Kindern an.

Irina Korschunow gestorben
Foto: dpa, Erwin Elsner

Manche Bücher kann man immer wieder lesen — selber lesen, vorlesen, sich vorlesen lassen. "Die Wawuschels" sind so ein Buch. Was die kleinen Wesen mit den grünleuchtenden Haaren in ihrem Berg und dem Wald erleben, ist spannend, komisch und liebenswert. Irina Korschunow hat sich die Geschichten ausgedacht und damit 1967 einen Welterfolg gelandet, ebenso wie mit der rührenden Geschichte über den einsamen, traurigen "Findefuchs", der eine Mutter sucht. Nun ist die Schriftstellerin, bereits Silvester, an ihrem 88. Geburtstag, in München gestorben.

Die Wawuschels wurde Korschunow in all den 40 Jahren nicht mehr los. Auf der Straße, in der S-Bahn, überall wurde sie auf ihre Figuren angesprochen. Für sie vor allem Grund zur Freude. "Stolz bin ich auf nichts, weil ich weiß, dass man alles auch besser machen könnte", sagte sie mal in einem Interview. Doch so selbstkritisch hätte sie nicht sein müssen. Sie hat nicht nur wundervolle Geschichten für Kinder geschrieben, sondern eine beachtliche Reihe klug erzählter und erfolgreicher Bücher für Erwachsene. Viele der Geschichten hat Korschunow aus ihrem eigenen Leben geschöpft — allerdings immer abgewandelt, darauf legte sie Wert. Schon als Kind lauschte sie begierig den Erzählungen ihrer Eltern, einer Deutschen aus Kiel und eines Russen: "Meine Mutter konnte wunderbar erzählen und war auch eine sehr kluge Frau. Und mein Vater hat mir russische Geschichten erzählt."

Bald stand für Irina aus dem Städtchen Stendal in Sachsen-Anhalt fest: Sie wollte Journalistin werden. 1960 entdeckte sie die Schriftstellerei für sich. Doch leicht war dieser Weg nicht — wie bei den meisten ihrer Generation. Ende 1925 geboren, war sie sieben Jahre alt, als die Nationalsozialisten die Macht übernahmen. Sechs Jahre später dann der Zweite Weltkrieg. Viele Eindrücke verarbeitete Korschunow später in ihren Büchern, so etwa in dem Roman "Luftkind", in dem eine mutige Lehrerin einen Juden vor den Nazis versteckt. Oder in "Malenka", dem Porträt einer jungen Frau, die ihren Weg geht — trotz Nazi-Terrors, Kriegs und der Wirren der ersten Nachkriegsjahre.

Gelehrte Frauen haben die Autorin immer interessiert, allen voran ihre eigene Mutter, die ihren Traum, Lehrerin zu werden, aber nicht verwirklichen konnte. Nach dem Ende des Krieges wartete sie 1945 ungeduldig darauf, dass die Universitäten wieder öffneten. Als Feministin sah sich Korschunow nicht. Ganz im Gegenteil wehrte sie sich gegen diese Einordnung. "Ich war sehr modern, ich war bloß nicht ideologisch", beschrieb sie sich selbst. "Ich bin nicht mit diesem Thema umgegangen, sondern mit der Wirklichkeit. Für mich war die Emanzipation schon da, als es das Wort noch nicht mal gab."

Und noch gegen eine andere Schublade wehrte sie sich immer: die der reinen Kinderbuchautorin, auch wenn die "Wawuschels" oder der "Findefuchs" sie berühmt gemacht haben und die Geschichte von dem elternlosen Fuchs, der eine neue Mutter findet, eine Million Mal verkauft wurde. 1983 kam ihr Romandebüt — die Familienchronik "Glück hat seinen Preis". Viele weitere Bücher folgten. Zuletzt veröffentlichte sie 2009 "Langsamer Abschied" über ein Ehepaar, bei dem der Mann nach einem Unfall zum Pflegefall wird und stirbt.

(dpa)
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