Marion Ackermann "In Düsseldorf habe ich für Dresden gelernt"

Die Direktorin der Kunstsammlung NRW spricht über die Gründe ihres Wechsels nach Dresden.

Marion Ackermann: "In Düsseldorf habe ich für Dresden gelernt"
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Düsseldorf/Dresden Unterschrieben ist der Vertrag noch nicht, aber per Handschlag mit Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich gilt die Vereinbarung, dass Marion Ackermann Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wird. Worüber man sich an der Elbe freut, sorgt am Rhein für Betrübnis. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) gab gestern bekannt, dass sie der Weggang von Marion Ackermann persönlich schmerze. "Ackermann war ein Aushängeschild der Kunstlandschaft in NRW", sagte Kraft. Gestern früh hat die Noch-Direktorin ihren Mitarbeitern mitgeteilt, dass sie Düsseldorf bereits zum 1. November verlässt.

Ist Ihnen dieser hausinterne Termin schwergefallen?

Ackermann Das kann man wohl sagen. Das Team reagierte bestürzt und traurig. Ich habe mir die Entscheidung selbst nicht leicht gemacht. Doch der mir angebotene Posten ist nun mal ein Traumjob.

Haben Sie sich eigentlich auf diese Stelle beworben?

Ackermann Es gab keine Ausschreibung. Eine mit renommierten Fachleuten besetzte Kommission hat einzelne Kandidaten eingeladen und nach ihren Ideen befragt.

Haben Sie genug von Düsseldorf?

Ackermann Nein, kein bisschen. Ganz im Gegenteil habe ich hier meine Ideen entfalten können nach einem nicht ganz einfachen Start, der von meiner Schwangerschaft begleitet war und von allerlei Ressentiments gegen neue Ideen und weibliche Führung. Auch privat habe ich mich mit meiner Familie im Stadtteil Flingern wohlgefühlt.

Was sagt Ihre Familie zu dem Umzug in die Landeshauptstadt Sachsens?

Ackermann Alle sind einverstanden. Es ist ein günstiger Zeitpunkt für einen Aufbruch. Meine kleine Tochter kommt diesen Sommer in die Schule, und mein Sohn wechselt aufs Gymnasium. Auch mein Mann ist einverstanden. Ich habe hohe Affinität zum Osten. Während meiner Jugend habe ich ein paar Jahre im Zonenrandgebiet gelebt. Mit meinem Mann, der wie ich Kunsthistoriker ist, reise ich häufig und gern durch die neuen Bundesländer.

Die Pegida-Aktivitäten in Dresden dürften Ihnen weniger gefallen?

Ackermann Gerade deshalb ist es eine besondere Herausforderung, mit den Mitteln der Kunst ein Klima der Toleranz zu schaffen. Ich habe Respekt vor Wilfried Schulz, der als Schauspielintendant von Dresden jetzt nach Düsseldorf wechselt, er hat dem Rechtsextremismus mit Kunst und Mut die Stirn geboten.

Ihr neuer Posten ist ein gewaltiger Sprung, was Machtfülle und Prestige angeht. Sind Sie eine Karrierefrau?

Ackermann Das würde ich direkt verneinen. In meinem Leben bin ich oft angefragt worden für eine neue Aufgabe. Direktorin am Pariser Centre Pompidou zu werden, hätte mich gereizt. Als Dresden auf mich zukam, spürte ich, dass es ernst werden könnte.

Man hat sich einstimmig für Sie entschieden.

Ackermann Was mich freut. Ich hatte Gelegenheit, meine Ideen und ihre Tragweite für die breit aufgestellten Kunstsammlungen vorzutragen, die in 15 Museen und Institutionen beheimatet sind - von Gerhard Richter bis zur Barockkunst, vom Kunsthandwerk bis zur außereuropäischen Kunst.

Warum genau im verflixten siebten Jahr die Trennung von der liebgewonnenen Kunstsammlung und der Düsseldorfer Künstlerszene?

Ackermann Hier in Düsseldorf sind wir auf Klassische Moderne und Zeitgenossenschaft fokussiert. Von meiner Ausbildung her habe ich viel weiter gefasste Interessen. Mich reizt an Dresden die Vielfalt und Andersartigkeit der Sammlung. Besonders aber die historische Tiefe.

Wie ist der Charakter der Dresdner Sammlung?

Ackermann Während in Düsseldorf die l'art pour l'art, die reine Kunst, gepflegt wird, zieht sich in Dresden der Dialog zwischen freier und angewandter Kunst durch alle Sammlungen. Basis von allem ist das Kunsthandwerk, das Angewandte - vom Grünen Gewölbe bis hin zum modernen Design. Dazu gibt es alleine drei ethnologische Museen.

Diesen Aspekt des interkulturellen Dialoges haben Sie schon in Düsseldorf miteinbezogen, wo Sie nächstes Jahr eine von Ihnen initiierte globale Konferenz in einer großen Ausstellung münden lassen.

Ackermann Ja, denn angesichts der globalen Vernetzung stellen sich gerade in der Bildenden Kunst und ihrer Vermittlung völlig neue Herausforderungen. Im Dresdner Museumsverbund liegt von der Struktur her eine große Chance, dahingehend Konzepte zu entwickeln.

Werden Sie in Dresden fortführen, was Sie hier begonnen haben?

Ackermann In Düsseldorf habe ich eine Sammlung vorgefunden, die sich auf Europa konzentriert und auf die USA. Dafür habe ich versucht, globale Kontexte zu schaffen. In Dresden finde ich Sammlungen vor, die alle schon verschiedene Verknüpfungen zur Welt haben.

Kannten Sie die Kunstsammlungen, bevor man Sie einlud?

Ackermann Ja, ich kannte die Stadt und die Kunstsammlungen schon gut, ich habe mit dem ehemaligen Direktor Martin Roth zusammengearbeitet, als ich noch Museumschefin in Stuttgart war.

Sie werden 15 Nebendirektoren und 500 Mitarbeiter haben. Trauen Sie sich diese Führungsaufgabe zu?

Ackermann Unbedingt. Deshalb reizt es mich. Dabei kann ich auf meine Erfahrung und die Methoden bauen, die ich in Stuttgart und Düsseldorf erlernt habe. Frauen hatten es lange schwer, in die Chefetagen von Museen zu kommen. Das hat sich geändert.

(RP)
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