Simon Beckett "Ich bin nie zufrieden mit meinen Büchern"

Der britische Autor Simon Beckett (53) belegt mit seinem Thriller "Der Hof" seit Wochen einen Spitzenplatz in den Bestseller-Listen. Jetzt erzählt er, warum er nie eine romantische Komödie schreiben wird und warum er ungern seine Bücher liest.

Köln Wer den Namen Simon Beckett hört, bringt ihn vor allem mit einer Figur in Verbindung: dem Forensiker David Hunter, der Verbrechen aufklärt, indem er sich ausgiebig mit den Toten beschäftigt. Die vier bisherigen Romane der Reihe wurden in 30 Sprachen übersetzt und verkauften sich rund acht Millionen Mal. Sein aktuelles Buch "Der Hof" kam daher für viele seiner Leser überraschend. Es ist eine in sich abgeschlossene Geschichte über den Engländer Sean, der schwer verletzt auf einem heruntergekommenen Hof in Frankreich landet und dort auf eine abgeschottet lebende Familie trifft, die ein ebenso dunkles Geheimnis zu schützen versucht wie er selbst. Der Thriller lebt von subtiler Spannung, die sich allmählich entfaltet und auf ein aufwühlendes Ende zusteuert.

Sie haben sich entschieden, zunächst keinen weiteren David-Hunter-Roman, sondern eine völlig andere Geschichte zu schreiben.

Beckett Ich hatte eigentlich geplant, einen weiteren Hunter-Roman zu schreiben, aber da spukte diese andere Idee in meinem Kopf herum, die ich schon länger aufschreiben wollte. Sie war greifbarer als die Geschichte für das neue Hunter-Buch. Und ich möchte die Reihe nur fortsetzen, wenn ich von der Story überzeugt bin. Also habe ich erst mal "Der Hof" geschrieben.

Wie entstand die Idee?

Beckett Ich hatte diese Vorstellung von einem Engländer auf der Flucht, der vor etwas davonläuft, das noch gefährlicher ist als das, worauf er sich einlässt, der in permanenter Spannung lebt.

Gibt es ein reales Vorbild für den Charakter in Ihrem Buch?

Beckett Nein, die Figuren sind alle fiktional. Wenn ich ihnen einen Namen gegeben habe, sind sie für mich existent, dann entwickele ich ihre Geschichte. Ich habe das Ende des Buchs klar vor Augen, aber die Handlung verändert sich während des Schreibens. Es ist ein offener Prozess, und gerade das macht das Schreiben für mich so faszinierend.

"Der Hof" ist wieder ein Thriller, allerdings einer, in dem es vor allem um zwischenmenschliche Beziehungen geht, weniger um Tod und Verbrechen wie bei Hunter. Hat sich das Schreiben deswegen anders angefühlt?

Beckett (lacht) Zunächst einmal hat es weniger Recherche gekostet. Ich habe diesen Wechsel genossen, die Chance, eine psychologisch tiefgehende Geschichte zu erzählen. Es ist ein Suspense-Thriller, der von Ereignissen lebt, die erst allmählich zutage treten und den Leser ständig in eine andere Richtung schicken.

In Deutschland ist Ihr aktuelles Buch enorm erfolgreich. Fast scheint es, als müsste bloß Ihr Name auf dem Cover stehen, und die Leute kaufen es. Warum erreichen Sie gerade hierzulande so viele Menschen?

Beckett Ich wünschte, das könnte ich erklären, aber ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Ich weiß nur, dass es mich sehr freut.

Gibt einem das Wissen um eine so große Fangemeinde eine gewisse Freiheit, oder setzt es Sie unter Druck?

Beckett Es setzt mich definitiv unter Druck, weil ich niemanden enttäuschen möchte. Ich bin sehr kritisch mit meinen Büchern und nie wirklich zufrieden. Ich lese sie auch nicht, wenn ich nicht gerade auf Lese-Tour bin, weil mir dabei immer wieder Dinger auffallen, die ich hätte besser machen können.

Inzwischen arbeiten Sie wieder an einem neuen David-Hunter-Buch. In welche Richtung wird es diesmal gehen?

Beckett Es wird in England spielen und es wird viel um Forensik gehen. Aber ich möchte noch nicht viel verraten.

Ein weiteres Überraschungs-Buch wie "Der Hof" ist erst einmal nicht geplant?

Beckett Nein, in absehbarer Zeit nicht.

Können Sie sich vorstellen, auch mal eine romantische Komödie zu schreiben?

Beckett Nein. Wenn es mal in eine komödiantische Richtung gehen sollte, wird es trotzdem düster sein. Ich fühle mich im Genre Thriller sehr zuhause.

Gibt es Pläne, die Hunter-Reihe zu verfilmen?

Beckett Es gibt auf jeden Fall einige Interessenten. Wenn, dann wäre es eine TV-Reihe, weil sich die Geschichten so am besten erzählen lassen.

Inwieweit wären Sie beteiligt?

Beckett Beratend. Mehr nicht.

Mit wem würden Sie eigentlich lieber ein Bier trinken gehen? Mit dem kühlen Forensiker David Hunter oder mit dem emotional aufgeladenen Sean?

Beckett Schwierige Frage. Ich glaube mit Sean, aber nur, weil der im schönen, warmen Frankreich unterwegs ist.

(RP)
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