Humor mit langem Bart

Komödie "Der Diktator" von und mit Sacha Baron Cohen

Der Mann hat den Gesichtsausdruck einer Ziege und einen Bart, der irgendwie angeklebt aussieht. Trotzdem starren ihm alle nur auf den Zeigefinger. Mit dem fährt er sich über den Hals – sofort exekutieren –, wenn einer widerspricht, Jude ist oder im Weg steht.

Willkommen im Wüstenstaat Wadiya, dem Reich von Admiral General Aladeen. Die neue Kunstfigur des britischen Komikers Sacha Baron Cohen ist eine pompöse Kreuzung aus Ahmadinedschad und Gaddafi, eine brutale Witzfigur. Aber selbst der gemeinste Alleinherrscher muss mal zur UN-Vollversammlung. So reist Aladeen nach New York, wo er Opfer einer Intrige wird. Man schert ihm den Bart und setzt ihn als mittellosen Niemand in der Stadt aus. Der entmachtete Despot kommt bei einer liberalen New Yorkerin unter, die – warum auch immer – seinen mittelalterlichen Chauvinismus attraktiv findet und ihn die Werte der westlichen Welt lehrt.

Die Erwartungen an Cohens vierten Film nach "Ali G.", "Borat" und "Brüno" waren so groß wie der PR-Rummel vorab. "Der Diktator" startet auch furios mit einer liebevollen Widmung an Kim Jong Il. Es folgen idyllische Szenen aus Aladeens Alltag, wie er auf seiner Wii das Münchener Olympia-Attentat nachspielt oder Hollywoodstars fürs Bett einkauft. Dann ist die Luft aber auch schon raus. Denn das Wichtigste fehlt. Cohens Trumpf war immer der aberwitzige Realhorror, das Vorführen der Ahnungslosen. In "Borat" warf einen das noch um, wenn er panischen Amerikanern hinterher rannte, um ihnen den kasachstanischen Begrüßungskuss zu geben. Hier aber sind erstmals alle eingeweiht, auch Gaststars wie Megan Fox und Edward Norton. So bleibt zum Lachen nur Cohens Fäkalhumor. Das reicht allerdings nicht.

Satire blitzt nur selten durch, etwa wenn Aladeen begeistert, aber aus den völlig falschen Motiven nach dem "Vergewaltigungszentrum" der Stadt fragt. Und überraschend ist das Ende, als er in einer flammenden Rede Amerikas Demokratie lobt, in der es zum Glück unmöglich sei, einem Prozent der Bevölkerung alles Geld zuzuschieben und den Rest verarmen zu lassen – oder Ausländer ohne Prozess einzusperren und zu foltern. Eine großartige Szene. Hätte Cohen sich davon doch nur ein paar mehr einfallen lassen! ll

(RP)
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