Hilden Hilden feiert Jazz aus NRW

Hilden · Ein wenig Mut gehört schon dazu, ein Jazzfestival zu veranstalten, in dessen Mittelpunkt Musiker aus dem eigenen Bundesland stehen, zumal wenn sich frühere Ausgaben des Festivals mit dem berühmten New Yorker Plattenlabel "Blue Note" befassten, mit Frauen im Jazz weltweit oder mit Jazz aus Europa. Das Publikum ist anspruchsvoll und möchte mehr geboten bekommen als das, was ihm die Clubs der Umgebung das Jahr über anbieten.

Dass die 16. Hildener Jazztage ein Erfolg wurden, obwohl sie unter dem Motto "Meetings – NRW & Guests" den Fokus auf die Heimatgewächse der nordrhein-westfälischen Jazzlandschaft richteten, hängt mit drei Faktoren zusammen: Zum einen leben im Umkreis der Musikhochschulen des Landes besonders viele ausgezeichnete Jazzmusiker, zum anderen trafen sie auf Gäste aus aller Welt, und zum dritten gab es außergewöhnliche Projekte, die den Jazz aus NRW in anderem Licht erscheinen ließen.

Eine ungewöhnliche Begegnung gab es gleich beim Eröffnungskonzert. Das "Atom String Quartet", ein polnisches Streichquartett, traf zum ersten Mal auf die deutschen Vibraphonisten Mathias Haus und Rupert Stamm. Wohl niemand hätte sich vorstellen können, wie die eigens für diesen Abend geschriebenen Arrangements klingen würden. Umso verblüffender war, dass die Stimmen in den vielschichtigen Kompositionen zu einem homogenen Gruppensound verschmolzen.

Auch der im Kölner Raum durch viele musikalische Projekte bekannte Trompeter Markus Stockhausen spielte in Hilden in außergewöhnlicher Besetzung. Zum Sonderkonzert in einer romanischen Kirche hatte er neben Schlagzeuger Christian Thomé den italienischen Pianisten Angelo Comisso mitgebracht. Das Trio zelebrierte reine Klangschönheit, nicht nur im kontemplativen Spiel, sondern auch in kraftvollen Improvisationen. Zur Gründung von "Denis Gäbel's Organ Club" hatte es stetigen Nachhakens bedurft. Als Saxophonist Denis Gäbel den Pianisten der WDR-Big-Band, Frank Chastenier, zum ersten Mal an der Hammond-Orgel hörte, war er von dessen Mischung aus Musikalität, Virtuosität und Feeling so begeistert, dass er ihn so lange "mit E-Mails belästigte", bis Chastenier Zeit zu einem gemeinsamen Konzert fand. Gäbels erdiges, in Blues und Soul verwurzeltes Tenorsaxophonspiel passt zu Chasteniers groovendem Orgelsound.

Manchmal sind es auch Kleinigkeiten, die dem Publikum noch lange in Erinnerung bleiben. Als Sänger und Gitarrist Peter Fessler das Bossa-nova-Duoprogramm mit US-Drummer Danny Gottlieb gespielt hatte, obwohl er wegen einer Halsentzündung vom Singen häufiger auf Pfeifen und Mouth-Percussion ausweichen musste, kam Filippa Gojo, die junge Sängerin der Big Band, die zuvor aufgetreten war, zu einer spontanen Zugabe auf die Bühne. Die "One Note Samba", deren Lyrics sie im dialogischen Wechsel mit Fessler vortrug, bezauberte das Publikum.

Für den fulminanten Abschluss der Hildener Jazztage sorgte am sechsten Festivaltag das Fusion-Quintett des Gitarristen Ralph Herrnkind. Am Schlagzeug saß, aus Florida angereist, Julius Pastorius, Sohn des großen Jaco.

(RP)
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