"Halbschatten" – ein Thriller über ereignislose Tage

In "Halbschatten" passiert nicht viel, aber das Langfilmdebüt von Nicolas Wackerbarth ist trotzdem spannend. Anne Ratte-Polle spielt Merle, eine Frau Ende 30, die die zunächst spröden Kinder ihres Liebhabers ins Herz schließt. In einer Villa in den Hügeln von Südfrankreich wartet sie auf ihren Freund. Sommerliches Flirren. Man spürt den warmen Boden der Steine am Pool förmlich unter den Füßen.

Zu Beginn trägt Merle den Hut der anscheinend verstorbenen Mutter – ohne es zu wissen. "Das macht es nicht besser", sagt Sohn Felix (Leonard Proxauf) da. Die Tage verstreichen ereignislos. Merle wird beim Schreiben am Laptop von der staubsaugenden Putzfrau gestört. Ein anderes Mal stutzt sie sich im Bad mit der Schere die Schamhaare, oder sie streitet mit einem Cafébesitzer, als sie nicht genug Geld für einen Kuchen dabei hat. Als Liebhaber Romuald anruft, scherzt Merle, seine Tochter Emma sei komplett betrunken. Die Kinder kichern – Romuald begreift es am Telefon nicht.

In wohldosierten Dialogen und in originellen Szenen erzählt der Film die Geschichte einer Entfremdung (vom Mann) und einer Annäherung (an die Kinder). Wackerbarth spielt mit Erwartungen, die der Kinobesucher hat, wenn er eine solche französische Kulisse sieht.

Wackerbarth (Jahrgang 1973), der Schauspiel in München und Regie in Berlin studiert hat, war bereits mit einem Kurzfilm beim Festival in Cannes zu Gast. Sein Film "Halbschatten" schaffte es im Februar auf die Berlinale. Wackerbarth sieht ihn als Thriller über ereignislose Tage. "Ich frage mich, wie man mit filmischen Mitteln zeigen kann, was im Innersten verborgen bleibt." In "Halbschatten" gibt er selbst eine sehenswerte Antwort. lll

(dpa)
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