Düsseldorf Hadschi Halef Omar jetzt im Wilden Westen

Düsseldorf · Der Plan klingt verwegen: 100 Jahre nach dem Tod Karl Mays bringt der Heyne-Verlag einen neuen Roman aus dem Universum des Schöpfers von Old Shatterhand und Winnetou. Ein abenteuerliches Unterfangen – nicht zuletzt wegen der Konstellation von "Hadschi Halef Omar im Wilden Westen", schickt der Autor mit dem Pseudonym Karl Hohenthal den Scheik der Haddedihn doch auf die Suche nach seinem Freund Kara Ben Nemsi nach Nordamerika.

Hohenthal ist einer der Namen, unter denen Karl May selbst einen Teil seiner Werke veröffentlichte. Nun wagt also ein Autor, dessen wahre Identität der Verlag sorgsam geheim hält, unter diesem Namen die Geschichten Mays fortzuschreiben. Um vorab den mit Sicherheit heftig ausfallenden Kritiken fanatischer May-Apologeten entgegenzutreten: Der Roman funktioniert. Der Autor vermag die Sprache Mays auf wunderbare Weise zu imitieren. Er ist nicht dem Drang erlegen, einen gänzlich neuen, einen modernen May zu schaffen, sondern trifft Seite für Seite den Ton des Originals. Allzu bemüht wirkt das Buch nur, wenn es versucht, Unsauberkeiten aus älteren Romanen auszubügeln – etwa die richtige Schreibweise eines Ponchos.

Die Klammer bildet Halefs Suche nach dem geliebten Freund in den Weiten des Wilden Westens, um ihn zur Rückkehr nach Algerien zu bewegen und gefangene Freunde zu retten. Aufgehängt an einer wahren Begebenheit einer Expedition zum Gebiet des heutigen Yellowstone-Nationalparks, spinnt der Autor eine aberwitzige Geschichte mit allen Elementen einer Reiseerzählung Mays: ausweglose Situationen, verschrobene Charaktere (etwa in Gestalt des königlich bayerischen Mundkochs Theobald Hirtreiter), detaillierte Landschaften und herzerwärmende Szenen, wie etwa das erste Aufeinandertreffen von Winnetou und Hadschi Halef Omar. Neu ist dagegen die Beschäftigung mit dem von May vernachlässigten Liebesleben seines Charakters Old Shatterhand.

Dass der Autor seinen Hauptcharakter, also Mays fiktives und überhöhtes Alter Ego, am Ende gegen einen Widersacher antreten lässt, der wie May ein Hochstapler par excellence ist, hätte dem wahren Karl May wohl gefallen.

Info "Hadschi Halef Omar im Wilden Westen". Von Karl Hohenthal, Heyne-Verlag, 512 Seiten, 19,99 Euro

(RP)
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