Private Werke für guten Zweck Günter Grass-Ausstellung in Psychiatrie

Uchtspringe (rpo). Der Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass ist nicht nur als Schriftsteller begabt - er betätigt sich auch als Bildhauer und Grafiker. Eine Ausstellung im Psychiatrie-Fachkrankenhaus Uchtspringe in Sachsen-Anhalt zeigt ab Mittwoch 70 Werke aus dem Privatbesitz des in Danzig geborenen Künstlers. Grass unterstützt damit die Klinik und den Förderkreis Uchtspringe in dem Bemühen, Vorbehalte gegenüber der Psychiatrie abzubauen.

Vor zwei Jahren setzte der 77-Jährige in ähnlicher Weise bei einer Anti-Stigma-Aktion in München Zeichen. "Psychisch kranke Menschen haben es in unserer Gesellschaft doppelt schwer. Sie müssen sich ihre Kraft so einteilen, dass sowohl die Krankheit als auch der Umgang mit Vorurteilen möglich ist", sagt der Ärztliche Direktor des Krankenhauses, Volkmar Lischka. Er wolle auch Besucher in die Einrichtung locken, die sonst kaum Berührungspunkte mit der Psychiatrie haben. Die Exposition werde in Räumen gezeigt, die für das Fachkrankenhaus typisch seien und einen kleinen Eindruck vermittelten, unter welchen Bedingungen die Patienten behandelt werden.

Die Ausstellung in der von der landeseigenen Salus-Gesellschaft betriebenen Klinik zeigt einen Querschnitt aus dem bildkünstlerischen Schaffen von Grass. Die Bilderrahmen für die Präsentation haben junge Patienten getischlert. Zu sehen sind beispielsweise die Rättin - auch als Bronzeplastik - der Butt und tanzende Paare. Die Symbolik der Grassschen Bildkunst sei so treffend, dass sie sich auch dem nicht so kunstbewanderten Besucher erschließe, meinte Lischka und bittet um Verständnis, dass professionelle Führungen wie in großen Kunstgalerien nicht angeboten werden können.

Schon als Schüler hatte Grass den Berufswunsch Bildhauer und Zeichner und betont immer wieder, dass er erst von der bildenden Kunst zur Literatur gekommen sei. Für viele seiner Romane hat er die Umschlagszeichnungen selbst angefertigt, so für die "Blechtrommel". Deshalb werden auch Bücher gezeigt, mit denen man sich einen Eindruck über die Symbiose zwischen Literatur und bildender Kunst verschaffen kann. "Gern darf darin auch geblättert werden", ermuntert Lischka. Ein besonderes Vergnügen könnten die "Fundsachen für Nichtleser" bereiten. Grass hat in diesem Buch 116, einen Jahresverlauf spiegelnde Alltagsgegenstände aquarelliert, darunter Nägel, Bleistifte, Schlüssel von verlassenen Häusern, Knöpfe, Steine, Flaschen, Schuhe, Zähne, eine alte Olivetti-Schreibmaschine bis hin zu Tieren wie Kröten, Kaninchen, Vögel und Schnecken. Dazu gibt es Kurztexte.

Die Exposition kann bis 20. Dezember täglich von 14.00 bis 17.00 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt ist frei, Spenden zugunsten des Förderkreises "Psychiatrie in Geschichte und Gegenwart" sind erbeten. Für Kunstliebhaber besteht die Möglichkeit, Exponate zu erwerben.

Die Ausstellung findet innerhalb der Uchtspringer Veranstaltungsreihe "Promis für die Psychiatrie. Mittendrin wir" statt, die seit drei Jahren unter der Schirmherrschaft von Herbert Grönemeyer steht. Der Musiker wird für Freitag zusammen mit der Schauspielerin Katrin Saß ("Good bye Lenin!") und dem früheren "Eulenspiegel"-Illustrator Manfred Bofinger zu einem Gesprächsabend in der Nervenheilanstalt erwartet. Dabei wird über die Bewältigung von Lebenskrisen gesprochen.

(afp)
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