Mannheim Große Schwester für das "ß"

Mannheim · Der Rat für Rechtschreibung empfiehlt außerdem weitere Änderungen.

Den deutschesten aller Buchstaben, das "ß", gibt es bislang nur als Kleinbuchstaben, schließlich beginnt kein Wort mit einem Eszett. Rechtschreibmuffel wähnten das fehlerträchtige "ß" bereits auf dem Rückzug - verschwand es doch bei der großen Rechtschreibreform aus etlichen Worten wie etwa aus dem "Fluß". Jetzt jedoch hat sich der Rat für deutsche Rechtschreibung in Mannheim des vermeintlich dahinsiechenden Buchstabens angenommen und schlägt eine große Version vor, die nichts anderes ist als ein aufgepumptes "scharfes S".

Was als Kleinbuchstabe schon etwas seltsam aussieht, wird durch das Doping mit Druckerschwärze nicht unbedingt attraktiver. Über Schönheit lässt sich vielleicht noch streiten, aber über die Handhabung schon weniger. Wie schreibt man denn ein großes "ß" auf dem Computer? Wer beim Esszett die Shift-Taste drückt, produziert ein Fragezeichen. Der neue Großbuchstabe lässt sich bislang nur mit Sonderbefehlen erzeugen. Bei einigen Schriftarten soll er seit Jahren verborgen vorhanden sein, und zwar hinter der Tastenfolge: "1E9E" - aber nur, wenn die "Alt"-Taste und "C" gedrückt werden.

Bei so viel Tastatur-Akrobatik ist dem Neuling in der Riege der Großbuchstaben ein Nischendasein vorbestimmt. Die Rechtschreib-Experten haben bei ihrem Vorschlag aber auch nur an Sonderfälle gedacht wie Ausweise oder Kapitelüberschriften in Büchern. Im Pass schafft es zweifellos Klarheit, wenn aus Herrn Großmann nicht Herr Grossmann werden muss. Der Notbehelf "GROßMANN" bleibt jedoch weiterhin erlaubt, ebenso die Umwandlung in ein Doppel-S.

Der Mannheimer Rechtschreibrat will außerdem die Großschreibung von Adjektiven in festen Formulierungen wie "im Neuen Jahr" oder "bei der Goldenen Hochzeit" neben der derzeit vorgeschriebenen Kleinschreibung zulassen. Im täglichen Sprachgebrauch nicht akzeptierte Eindeutschungen von Fremdwötern wie "Majonäse" (statt "Mayonnaise"), "Ketschup" (statt "Ketchup"), "Joga" (statt "Yoga") oder "Wandalismus (statt "Vandalismus") sollen wieder aus dem Vokabular gestrichen werden. Dies alles unter der Voraussetzung, dass Deutschland, Österreich, die Schweiz, Liechtenstein, die Südtiroler und die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens zustimmen.

(RP)
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