Neuss Große Kunstschau der Sammlung Langen

Neuss · Für die Kinder Sabine und Hubertus zeigte das Bild "Tante Iwan", hing im Hause Langen an der Wand wie ein Familienporträt. Wie und warum der "Frauenkopf", den Alexej von Jawlensky 1912 gemalt hat, zu seinem Namen kam, kann Sabine Langen-Crasemann auch heute nicht mehr erklären. Es war eben so: Jawlenskys Kunst gehörte in ihrer Kindheit genauso zum Alltag wie der schreitende Buddha aus dem 15./16. Jahrhundert, der im Wohnzimmer stand.

Heute sind beide Werke Teile der der Sammlung Viktor und Marianne Langen, waren auch jeweils schon in Ausstellungen des stiftungseigenen Kunsthauses auf der Raketenstation in Neuss zu sehen. Aber nun werden sie erstmals wieder in direkter Nachbarschaft gezeigt. Der 100. Geburtstag der 2004 verstorbenen Marianne Langen im Dezember, die noch zu Lebzeiten das von Tadao Ando entworfene Gebäude in Auftrag gab, ist der Anlass für eine ungewöhnliche Präsentation der Langen-Kunst.

Jahrhunderte alte kambodschanische, indische und chinesische Buddhas teilen sich die großen Ausstellungsräume mit Werken von Fernand Léger, Picasso, Tony Cragg, Jean Dubuffet oder Max Ernst, mit präkolumbianischen Goldamuletten und afrikanischen Fetischen. Für die rund ein Jahr laufende "Hommage an Marianne Langen" haben Sabine Langen-Crasemann und Kuratorin Christiane Maria Schneider ganz bewusst eine ganz und gar unmuseale Ausstellung konzipiert. Weder kunstgeschichtliche Aspekte noch Chronologie spielen in dieser Schau eine Rolle; es geht nur darum, zu zeigen, was das Ehepaar Langen zwar mit Bedacht, gleichwohl aber "aus dem Bauch und nicht aus dem Kopf heraus", wie die Stifterin es einst selbst beschrieb, hat entstehen lassen.

Deswegen gibt es auch keine räumliche Trennung zwischen den Klassikern der Moderne oder der Kunst der Maya , sondern alles steht oder hängt in Sichtweite. Eine Drehung, und der Blick fällt von Fernando Boteros Bild "Hombre yendo à la oficina" (1969) auf einen schreitenden Ibis aus Ägypten aus der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends. Kleine Versatzstücke von privaten Dingen wie ein (nachgemachter) lilafarbener Teppich, der in den 1950er Jahren die Gäste im Hause Langen eher schockierte denn begeisterte und damals wie heute zu Picassos "Portrait de femme" (1942) führt, betonen den persönlichen Blick. Dazu passte auch der Katalog in Form eines Reisetagebuchs, der Privates aus den Tagebüchern und Fotoalben von Marianne Langen mit der Kunst verknüpft (18 Euro).

Info Raketenstation Neuss, Eröffnung morgen 11 Uhr, bis Dezember 2012

(RP)
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