Düsseldorf Gelungene Rückkehr von Coldplay

Düsseldorf · Auf dem neuen Album findet die britische Band zu alter Form zurück.

Eine Faustregel im Pop lautet: Je länger die Liste der Gaststars, desto schlechter das Album. Im Booklet des neuen Coldplay-Albums "A Head Full Of Dreams", das heute erscheint, ist die Liste sehr lang. Tim Bergling alias Avicii hat wieder Beats programmiert. Noel Gallagher spielt Gitarre. Die schwedische Newcomerin Tove Lo hat Gesänge beigesteuert - genau wie Megastar Beyoncé. Dave Grohl von den Foo Fighters sagt die Band ebenfalls Danke. Und sogar Gwyneth Paltrow, die Anlass für das eher mittelmäßige Trennungsalbum "Ghost Stories" war, taucht in der Liste auf. Ihre Stimme irrlichtert irgendwo in den Soundlandschaften von "Everglow".

"Everglow" ist der Link zum Vorgänger-Album und ein Schlüssel, um das neue Werk zu verstehen: Frontmann Chris Martin ist nach der Trennung von Gwyneth Paltrow anscheinend wieder guter Dinge, singt vom "ewigen Glühen", das eine starke Liebe entfacht. Die Melancholie des Songs erinnert zwar noch an die trägen, etwas larmoyanten "Ghost Stories". Doch eigentlich soll das neue Album den Vorgänger praktisch vergessen machen: Anstatt mit seinem Material zu touren, sind die Briten gleich wieder ins Studio gegangen - in Malibu, L.A. und London - um nur eineinhalb Jahre später ein farbenfrohes Cover in die Tonträger-Regale und Download-Portale einzuspeisen.

Passend zu dessen Regenbogenfarben ist die Grundstimmung der neuen Lieder optimistisch. Die frohe Botschaft für alle Fans: So schlecht wie die Liste der Gaststars lang ist "A Head Full Of Dreams" gar nicht. Obwohl Coldplay den Weg weiter gehen, den sie irgendwann während der Aufnahmen zu "X & Y" eingeschlagen haben: Sie lösen klassische Song-Strukturen in Sound-Landschaften auf und laufen aktuellen Trends aus HipHop und R'n'B hinterher. Man könnte sagen: Sie haben das britische Pop-Prinzip gegen das amerikanische eingetauscht. Bis dieses Unterfangen aufgeht, muss sich der Hörer durch zwei beliebige Stücke aus der Radio-Grabbelkiste dösen. "Hymn For The Weekend", das Beyoncé mit mädchenhaftem Trällergesang einleitet, ist dann allerdings ein fett produzierter Hit, der in den oberen Regionen der Billboard-Charts nicht auffallen würde.

Wie schon auf ihrem best verkauften Album, "A Rush Of Blood To The Head", stellen Coldplay einen der stärksten Song ganz ans Ende: "Up And Up", das Chris Martin live so ankündigte: "Wir haben seit 15 Jahren darauf gewartet, solche Songs zu spielen." Tatsächlich kann er sich mit Material aus alten Tagen zumindest messen: Nicht nur wegen Noel Gallaghers E-Gitarrensolo klingen Coldplay hier endlich mal wieder wie die Retter des angeschlagenen Britpop-Genres.

(RP)
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