Gelungene Dokumentation über Wikileaks

Das große Plus des Films "We Steal Secrets" über Julian Assange und Wikileaks ist seine Objektivität.

Schauspieler bekommen eine Gage, das weiß jeder, aber was ist mit Interviewpartnern? Machen die alles umsonst? Viele tun es offenbar. Julian Assange dagegen verlangte eine Million Dollar. Nur unter dieser Bedingung wäre er bereit gewesen, für einen Dokumentarfilm über die von ihm gegründete Enthüllungsplattform Wikileaks auszusagen. Regisseur Alex Gibney beschloss daraufhin, "We Steal Secrets" ohne Assange zu drehen. Er brauchte ihn auch gar nicht mehr, es gab schon genügend Bildmaterial mit ihm. Bevor er untertauchen musste, war Assange ein medienbewusster Mann, der keinen Auftritt ausließ. Was er zu sagen hat, hat er bereits gesagt.

Gibney könnte die Geschichte von Wikileaks als bekannt voraussetzen, dennoch wiederholt er auf anschauliche Weise die Aktionen, mit denen Assange und seine Mitstreiter Fans gewonnen und sich Feinde gemacht haben. Sogar Michael Hayden, ehemaliger Chef von NSA und CIA, zeigt Verständnis für die Aufklärung von US-Kriegsverbrechen, von denen die Öffentlichkeit ohne Wikileaks nichts wüsste.

Der Film stilisiert Assange nicht zum Helden. Seine charakterlichen Defizite werden offen ausgesprochen. Die Verhaftung wegen Vergewaltigung war nach Ansicht von Gibney nicht Teil einer Verschwörung, wie Assange behauptete, sondern das Resultat seines Größenwahns. Aufgrund seiner Berühmtheit glaube er, jede Frau haben zu können. Am schwersten wiegt, dass er seine Informanten nicht ausreichend geschützt habe. Ihm fehle das Verantwortungsbewusstsein eines Edward Snowden.

Einen Helden hat der Film dennoch. Es ist der 25-jährige Soldat Bradley Manning, der wegen seiner femininen Art gemobbt wurde und an Bildmaterial kam, das die Erschießung unbewaffneter irakischer Zivilisten festhielt, inklusive fröhlich-hämischer Kommentare der Männer am Abzug. Manning reichte die Aufnahmen an Wikileaks weiter. Er hat sich einem Freund anvertraut, der das Militär informierte, und Vertraute wie Verräter konnte Gibney als Interviewpartner gewinnen. Das erstaunt an diesem Film: Er wirkt objektiv, als Zuschauer fühlt man sich nicht manipuliert. Die Fakten sprechen für sich. llll

(RP)
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