Karlsruhe Galante Abenteuer im Grünen

Karlsruhe · Erstmals in Deutschland: Der französische Maler Fragonard in Karlsruhe.

Geld hat man. Das Geld erst verdienen zu müssen, hat dagegen etwas Anrüchiges. So stellt das jedenfalls die im vorrevolutionären Frankreich einflussreiche Madame d' Epinay hin. Auf den vielversprechenden Maler Jean-Honoré Fragonard (1732–1806) angesprochen, antwortete sie: "Er verliert seine Zeit und sein Talent: Er verdient Geld." Zu Ruhm und Ehre hätte ihm König Ludwig XV. verhelfen können – wenn er dessen Aufträge für Historiengemälde ausgeführt hätte. Doch Fragonard zog es vor, mit seinen galanten bis frivolen Bildern für reiche private Auftraggeber in "Boudoirs und Wandschränken zu brillieren", wie ein zeitgenössischer Kunstkritiker lästerte. Gleichwohl hat es Fragonard zu großem Nachruhm gebracht. Die Kunsthalle Karlsruhe hat ihm die erste deutsche Einzelschau eingerichtet. Sie umfasst 80 Gemälde, Ölstudien und Zeichnungen.

Treffend charakterisiert Kunsthallendirektorin Pia Müller-Tamm (ehemals Kunstsammlung NRW in Düsseldorf) die Zeichnungen Fragonards als "fein gesponnene Bildwelten". Die detailreiche Pinselzeichnung "Antiker Brunnen in einem Park" (um 1774) zum Beispiel zeigt einen Sehnsuchtsort mit grotesken Elementen. Links ist eine Tanne in bedrohliche Schieflage geraten. Rechts reißt eine steinerne Riesenmaske ihr Maul weit auf. Aus ihrem Schädel wächst eine ägyptisch anmutende Statue heraus.

Auch mit treffsicheren zwischenmenschlichen Szenen weiß Fragonard zu gefallen. Einfach köstlich ist die Zeichnung "Das vertrauliche Gespräch" (um 1778–1780). Zwei Damen sitzen beieinander. Die eine hat den Kopf leicht zur Seite gedreht, um die leisen Worte der anderen besser zu verstehen: "Tuscheltuschel."

Zu den fein gesponnenen Zeichnungen gesellen sich virtuose Ölmalereien. Den rotnasigen Charakterkopf des "Lesenden Alten" (um 1769) präsentiert Fragonard in Nahsicht. Wie in Trance wirken die Figuren der "Anbetung der Hirten" (um 1775/1776) – und erscheinen dabei wie in Lichtwatte gepackt, deren Quelle das Jesuskind ist.

Alle Register seines Könnens zog Fragonard auf dem delikaten Gebiet der erotischen Kunst. Auf einen Auftrag der Comtesse du Barry – der Mätresse König Ludwigs XV. – geht die Ölskizze "Die Überraschung" (um 1771) zurück. Wir werden Zeugen eines galanten Abenteuers: Eine im Grünen an einem steilen Abhang sitzende junge Dame wendet unliebsam überrascht den Kopf nach rechts und gebietet mit dem hastig nach links ausgestreckten Arm "Stopp!".

Das Handzeichen gilt einem Jüngling, der eine in der rechten unteren Bildecke dargestellte Leiter angelegt hat, um die auf dem Liebeshügel wartende Angebetete zu erreichen.

Bis zum 23. Februar in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, Hans-Thoma-Straße 2–6; Di.–So. 10–18 Uhr. Eintritt: acht Euro. Der Katalog aus dem Deutschen Kunstverlag kostet in der Kunsthalle 29,90 Euro.

(RP)
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