München Verlag will Brecht-Abend von Frank Castorf verbieten lassen

München · Knapp 1700 Menschen haben ihn schon gesehen: Frank Castorfs "Baal" am Münchner Residenztheater. In einer Vierstundeninszenierung verlagert Castorf das Dichter-Drama von Bertolt Brecht in den Vietnam-Krieg und fügt Passagen aus fremden Texten hinzu, etwa von Arthur Rimbaud.

Dadurch werde "die Werkeinheit aufgelöst", findet der Verlag Suhrkamp, der die Rechte am Stück besitzt und darauf pocht, die Sorgfaltspflicht gegenüber dem Werk des Autors einhalten zu müssen. Castorfs Eingriffe seien durch den Aufführungsvertrag nicht mehr gedeckt. Darum hat der Verlag nun beim Münchner Landgericht eine einstweilige Verfügung beantragt. Die Entscheidung wird für diese Woche erwartet, am Freitag soll das Stück eigentlich schon wieder gespielt werden. Außerdem hat das Berliner Theatertreffen die Inszenierung gerade unter die zehn bemerkenswertesten des Jahres gewählt und will sie im Mai in Berlin zeigen. Damit wolle das Festival auch ein Zeichen setzen, hieß es, damit die Produktion ohne Einschränkungen gezeigt werden könne.

Der Intendant des Residenztheaters, Marin Kusej, zeigte sich "außerordentlich irritiert" über das Vorgehen Suhrkamps und will für die Inszenierung kämpfen. Schließlich sei die Arbeitsweise Castorfs bekannt, und die Aufführungsrechte seien trotzdem vergeben worden. Suhrkamp sagt dagegen, der Verlag wolle künstlerische Arbeiten nicht vorauseilend verhindern. "Das Theater hat uns aber trotz mehrfacher Aufforderung die endgültige Spielfassung bis heute nicht zur Verfügung gestellt", so eine Sprecherin auf Anfrage.

Welcher finanzielle Schaden dem Residenztheater bei einem Verbot der Castorf-Inszenierung entstehen würde, wollte das Theater gestern nicht beziffern. Es gab auch keine weiteren Erklärungen mehr ab. Nur diese: Man freue sich über die Einladung zum Theatertreffen.

(RP)
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