Hagen Folkwang für Fortgeschrittene

Hagen · Das Osthaus Museum Hagen erzählt an ausgewählten Werken seine Geschichte. Einzige Kritik: Die Ausstellung setzt beim Besucher viel voraus.

Mit 28 Jahren erbt Karl Ernst Osthaus drei Millionen Mark. Das entspräche heute einer Summe von 30 Millionen Euro. Mit dem Geld will der Sohn eines Bankiers seine Heimatstadt Hagen zu einer "Großstadt des Westens" machen. Ein Gegengewicht zu Berlin. Nacheinander gründet er eine Malschule, zwei Museen, Werkstätten, einen Verlag und nach dem Ersten Weltkrieg eine Reformschule.

Sein Museum Folkwang geht als erster Museumsbau für moderne Kunst in die Geschichte ein. Aus der nordischen Edda-Sage entlehnt er den Namen. 1902 wird es eröffnet. Aus Anlass des 110-jährigen Jubiläums widmet sich das Osthaus Museum Hagen jetzt dem "Folkwang Impuls" und erzählt an 180 Kunstwerken und 120 Schriftdokumenten die eigene Geschichte.

Kurator Christoph Dorsz hat das Museum buchstäblich auf den Kopf gestellt. Nicht nur, weil er in den Depots gewühlt und 90 000 Blätter des Archivs gesichtet hat. Auch, weil er die Bilder aus dem historischen Altbau in den Neubau gebracht hat. Er will damit die Aufmerksamkeit auf die Innenarchitektur von Henry van de Velde und auf die Gemälde des deutschen Informel lenken, die jetzt da hängen, wo sonst Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff oder Franz Marc zu sehen sind. Ging doch, was oft nicht wahrgenommen wird, der Kauf von Kunstwerken in Hagen weiter, auch nachdem 1922 – nach dem Tod von Osthaus – der Name Folkwang und die Sammlung von Osthaus für die Summe von 15 000 Mark nach Essen verkauft wurde.

Zum Auftakt werden in der Rotunde des Neubaus die wenigen Bilder gezeigt, die nach 1922 in Hagen blieben. Blickfang ist Ferdinand Hodlers monumentale zweite Fassung von "Der Auserwählte" (1903). In zweiten Saal sind die Exponate zu sehen, die der Bankierssohn von seinen Reisen mitbrachte. Osthaus zeigte Objekte verschiedener Epochen und Kontinente nebeneinander. In seiner Sammlung hatte er auch 7000 Schmetterlinge und 45 000 Käfer. Ein paar davon sind jetzt zu sehen.

Regelrecht einen Keil zwischen Alt- und Neubau treiben die Fotos des 1984 in Hagen geborenen Andy Spyra. Mit ihm wird die Tradition des Museums fortgesetzt, heimische Künstler zu zeigen. Allerdings muss man sagen, dass der Kurator häufig auf das Vorwissen der Besucher baut. Auf erklärende Texte wird weitgehend verzichtet. Folkwang für Fortgeschrittene also. Dass darum so manches interessante Detail beim Rundgang übersehen wird, ist schade und nicht im Sinne von Karl Ernst Osthaus.

Osthaus Museum Hagen, Museumsplatz 3, Di, Mi, Fr 10-17 Uhr, Do 13-20 Uhr, Sa, So 11-18 Uhr

(RP)
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