Doku "Gringo Trails" Wie Touristen über die letzten Paradiese herfallen

Abenteuer-Tourismus ist zur Massenware geworden. Selbst verlassenste Winkel sind nicht mehr sicher. Die amerikanische Regisseurin Pegi Vail hat mit der Kamera dokumentiert, wie einst paradiesische Orte überrollt werden.

Bilder aus der Tourismus-Doku "Gringo Trail"
10 Bilder

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Im Trailer des Films "Gringo Trails" ist der Kontrast brutal aneinandergeschnitten: der einsame paradiesische Sandstrand in der Südsee, eins der letzten Paradiese der Erde. Gefolgt von der orgiastischen Massenparty mit Tausenden alkoholisierten Touristen, exakt an dem selben Ort.

Das Thema des Films ist damit klar: Er befasst sich eingehend mit Veränderung und Auswirkungen des Rucksack-Tourismus der sogenannten Backpacker. Vor 30 Jahren eroberten Abenteurer noch oftmals auf eigene Faust fremde Kulturen und Gebiete.

Saufgelage im Paradies

Zehn Naturwunder, die schon bald verschwinden werden
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Zehn Naturwunder, die schon bald verschwinden werden

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Foto: flickr/ cc by-sa 2.0/Guillaume Baviere

Was sich in dieser Zeitspanne verändert hat, ist Thema der Dokumentation. Sie beleuchtet die Veränderungen in Regionen rund um die Welt, im bolivianischen Dschungel, dem Zauber von Bhutan, den Wüsten Timbuktus bis zu den heutigen Saufgelagen an den Stränden Thailands.

Regisseurin Vail verfolgt die Entwicklung bereits seit 30 Jahren, 15 Jahre schon arbeitete sie an ihrem Film. Sie hat die Eroberung der Paradiese durch die Tourismus-Industrie am eigenen Leib erlebt. 1986 war sie als junge Frau auf die thailändische Insel Kho Phangan gereist. Ein einzigartiges Erlebnis, sie tauchte als Besucherin aus den USA ein in eine fremde, berauschend schöne Welt.

Mit Betrunkenen übersät

Die Zerstörung der Meere
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Die Zerstörung der Meere

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13 Jahre später war die Insel nicht wiederzuerkennen. Aus dem Geheimtipp unter Rucksack-Touristen hatte sich ein Ziel für den Massentourismus entwickelt. Auf den früher einsamen Stränden fanden nun Partys mit Zehntausenden Menschen statt. Den Einheimischen traf der Ansturm unvorbereitet: keine sanitären Anlagen, keine Müllabfuhr, keinen Plan, wohin mit den feierwütigen Reisenden.

"Jeden Monat kommen tausende junge Leute dorthin, saufen wie am Ballermann und feiern eine Nacht lang als gäbe es kein Morgen", erzählt die Regisseurin der Berliner Zeitung, wo ihr Film am 26. und 27. Juni im Moviemento Kino gezeigt wird. Am Tag danach gleiche der Strand einer Müllhalde: übersät mit Strohhalmen, Plastik- und Bierflaschen - und Betrunkenen, die ihren Rausch ausschlafen."

"Tourismus verändert alle und alles"

Nun fragt sie in ihrem Film: Zerstört der Tourismus den Planeten? Und beobachtet die unkontrollierten Auswirkungen auf Natur, lokale Wirtschaft und Kultur. Insbesondere, weil sie die Veränderungen über eine längere Zeitspanne beschreibt, gelingt es ihr Wechselwirkungen zwischen zwei kollidierenden Kulturen zu beschreiben. Auf der einen westliche Touristen und eine Erlebnis-Industrie, die die Sehnsucht nach Abenteuer bedient. Auf der anderen paradiesische Gebiete, deren Bewohner auf Wohlstand und Entwicklung aus sind.

Der Tourismus, so ihre These, verändert alle: Landschaften, Kulturen und Wertmaßstäbe. Im Gespräch mit Experten versucht sie Lösungen aufzuzeigen für einen nachhaltigen Tourismus, der Wünsche von Reisenden bedient, aber gleichzeitig Rücksicht nimmt auf die Bedürfnisse der Einheimischen.

"Backpacking ist super", sagt Vail, die als Anthropologin an der Universität von New York arbeitet. Es geht ihr nicht darum, das Reisen zu verdammen. Aber sie will es besser machen und sich dafür einsetzen, dass der Schaden den Nutzen nicht überwiegt.

(pst)
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