Jugendbuch-Verfilmung Wunderschöne Reise an einen verwunschenen Ort

München · „Der geheime Garten“ nach dem Jugendbuch von Frances Hodgson Burnett ist eine emotionale und überaus lohnenswerte Expedition, die man unbedingt auf einer großen Leinwand erleben sollte.

 Dixie Egerickx (l.) als Mary, Edan Hayhurst als Colin und Amir Wilson als Dickon in einer Szene des Films "Der geheime Garten".  Foto: dpa

Dixie Egerickx (l.) als Mary, Edan Hayhurst als Colin und Amir Wilson als Dickon in einer Szene des Films "Der geheime Garten". Foto: dpa

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Viele Male wurde das 1911 veröffentlichte Jugendbuch „Der geheime Garten“ von Frances Hodgson Burnett schon verfilmt. Darin landet Mary nach dem Tod ihrer Eltern bei einem verbitterten Onkel in England. Auf dem heruntergekommenen Anwesen findet die Zehnjährige ihren kränklichen Cousin Colin, der abgeschirmt in seinem Zimmer lebt.

Und sie entdeckt einen verwunschenen Garten, in dem wundersame Dinge geschehen. Nun kommt eine Neuauflage ins Kino, die einfühlsam und kindgerecht schwierige Themen wie Trauer, Angst und Schmerz behandelt. In den Hauptrollen spielen Colin Firth („The King's Speech“), Julie Walters („Paddington“) und die herausragenden Kinderdarsteller Dixie Egerickx als Mary, Edan Hayhurst als Colin und Amir Wilson als ihr Freund Dickon.

27 Jahre ist es her, dass die Adaption von Agnieszka Holland ins Kino kam. Maggie Smith spielte damals die Haushälterin Mrs. Medlock, die in Misselthwaite Manor ein strenges Regiment führt. Ein aufwendiges Kostümdrama, das aber eher an der Oberfläche blieb und viel Gewicht auf die Perspektive der Erwachsenen legte.

Das macht Regisseur Marc Munden in der Neufassung anders, auch weil er die Geschichte behutsam modernisiert. Der Film beginnt in Indien im Jahr 1947. Inmitten dramatischer politischer Umwälzungen im Zuge der Teilung des Landes wütet die Cholera. Auch Marys Eltern sterben und das Kind wird zu seinem Onkel Archibald (Colin Firth) ins ferne Yorkshire verschifft. Dort nimmt sie die strenge und unnahbare Mrs. Medlock in Empfang, wunderbar gespielt von Julie Walters.

Munden erzählt strikt aus der Perspektive der Kinder. Und er legt den Fokus auf die emotional-psychologische Ebene, auf Trauer und Schmerz. Mary ist nach dem plötzlichen Tod ihrer Eltern und der überstürzten Abreise nach England traumatisiert. Archibald ist seiner Nichte keine Hilfe. Seit Jahren ist er in der Trauer um seine Frau gefangen, die die Zwillingsschwester von Marys Mutter war. Seinen Sohn Colin hat er regelrecht verbannt. Er glaubt, der Junge sei viel zu krank, um ein normales Leben zu führen. So fristet der Zehnjährige ein kümmerliches Dasein zwischen Bett und Rollstuhl und muss jede Menge medizinische und orthopädische Behandlungen über sich ergehen lassen. Colin ist angefüllt mit einer riesigen Wut und terrorisiert seine Umgebung mit unablässigem, verzweifeltem Geschrei.

In diese erstarrte Welt kommt Mary, ein trotziges Mädchen, das seinen Schmerz unter einem diktatorischen Auftreten verbirgt. Sie ist viel zu impulsiv und neugierig, um sich strengen Regeln zu unterwerfen und sorgt für gewaltige Unruhe. Neugierig ergründet sie das Geheimnis des Hauses und des Gartens, das eng mit dem Schicksal ihrer Mutter und ihrer Tante verknüpft ist.

Der Film nimmt sich viel Zeit, das alles zu erzählen. Wer sich auf diese behutsame Erzählweise einlässt, wird verzaubert. „Der geheime Garten“ nimmt Kinder und Erwachsene mit auf eine fantastische Reise. Den schwächsten Part hat Colin Firth. Seine Rolle des Onkels verblasst vor der großartigen Leistung der Kinder. Dixie Egerickx spielt Mary mit Hingabe und Überzeugungskraft. Edan Hayhurst gelingt es hervorragend, die Ängstlichkeit und Wut Colins zu zeigen, die später in pure Lebensfreude umschlägt. Und Amir Wilson ist sehenswert als geheimnisvoller Dickon, der seine Freunde ins Leben zurückholt.

Eine unterschwellige Melancholie zieht sich durch den Film, der in großartigen Bildern von wunderschönen Gärten schwelgt. Der Garten wird zum Symbol für das Innerste der Menschen.

„Der geheime Garten“; Großbritannien 2019, 100 Min., R: Marc Munden, D: Colin Firth, Julie Walters, Dixie Egerickx, Edan Hayhurst, Amir Wilson

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