Der Erfinder der "Star Wars"-Saga Wie George Lucas das Kino verändert hat

Köln · George Lucas (71) hat mit dem "Krieg der Sterne" nicht nur ein Epos der Neuzeit geschaffen, das auch nach knapp 40 Jahren immer noch Fans weltweit begeistert. Er hat auch das Kino verändert.

George Lucas, der Erfinder der "Star Wars"-Saga.

George Lucas, der Erfinder der "Star Wars"-Saga.

Foto: ap

In den 1970er-Jahren wurde es düster in Hollywood. Die Filmfabrik musste sich neu erfinden, um sich gegen die immer stärker werdende TV-Konkurrenz zu behaupten, und um die Erwartungen eines neuen, eher jungen, oft gebildeten Publikums zu erfüllen: Der Vietnamkrieg, die Attentate von München, die Hippie-Bewegung, der Nixon-Skandal und die Energiekrise hatten die Welt und insbesondere die Vereinigten Staaten erschüttert.

Im Kino fand das seinen Niederschlag in finsteren, teils drastischen Szenarien, in pessimistischen Storys und kaputten Anti-Helden. Zu den populärsten Filmen der Jahre 1969 bis 1975 gehören unter anderem "Der Pate", "Taxi driver", "Easy Rider", "Uhrwerk Orange", "Chinatown", "Einer flog übers Kuckucksnest", "Hundstage", "Dirty Harry", "French Connection", aber auch "Der Exorzist" und "Der weiße Hai".

Dann kam George Lucas, der mit 29 Jahren 1973 den Überraschungserfolg "American Graffiti" gedreht und auch das Drehbuch geschrieben hatte. Mit einem Minimalbudget ausgestattet spielte das Drama über das Erwachsenwerden in einer US-Kleinstadt Anfang der 1960er-Jahre mehr als 118 Millionen Dollar ein. Seinen Erfolg aber setzte er dann aufs Spiel — mit einem Science-Fiction-Märchen, das die großen Studios Universal und United Artists tricktechnisch für unmöglich umsetzbar hielten. Davon abgesehen, dass sie seinen Drehbuchentwurf kaum verstanden.

Nur der junge Alan Ladd Jr. von 20th Century Fox wollte ihm eine Chance geben. Mit einem aber eher geringen Budget von drei Millionen Dollar, das zur großen Sorge des Studios schon bald nicht ausreichen sollte und auf elf Millionen anwuchs. Dafür musste Lucas sein komplexes Drehbuch stark kürzen und wollte nur noch den ersten Teil verfilmen — als "Star Wars".

Als der Film dann 1977 in die US-Kinos kam, begann eine neue Hollywood-Ära.

Statt bedeutungsschwangerer, schwerer oder nervenaufreibender Filme setzte Lucas auf eine neue Leichtigkeit und die Kraft fantastischer Bilder. Allzu viel Vertrauen hatte man bei 20th Century Fox darin nicht. "Star Wars" lief im Sommer 1977 zunächst nur in 32 Kinos an. Innerhalb von anderthalb Jahren spielte er aber 276 Millionen Dollar ein, am Ende waren es weltweit weit mehr als 700 Millionen Dollar. Und das zumindest anfangs nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda und ohne ein großes Werbebudget. Lucas hatte den Begriff "Blockbuster" neu definiert.

Doch dafür musste er etwas andere Wege gehen. Statt auf etablierte Hollywood-Experten setzte er — auch aus Kostengründen — auf Studienfreunde und Bekannte. Auch bei der Tricktechnik. Und die war in den 70ern alles andere als weit entwickelt: Bilder wirkten schnell sehr künstlich und gestellt, wenn es um mehr als ein paar Explosionen und Schusswechsel ging. Das war zu wenig für das, was Lucas sich vorstellte.

Er schuf darum mit "Industrial Light and Magic" (ILM) 1975 etwas Neues für Hollywood: Ein Tricktechnik-Studio, das es Filmemachern erlaubte, ihre Visionen umzusetzen — egal, wie unglaublich sie schienen. Und "Star Wars" machte vor, was Lucas unter neuen Bildern verstand. Noch nie sahen Weltraumschlachten und fremde Welten, Aliens und Roboter so natürlich aus, dass man kaum an Tricks glaubte. Vielmehr wirkte es, als ob Lucas eine Dokumentation gedreht hatte — über das Leben zwischen den Sternen.

Damit setzte er neue Maßstäbe fürs Kino und befreite viele junge kreative, ambitionierte Filmemacher bis heute von den engen Fesseln des scheinbar Unmöglichen: Ridley Scott mit "Alien" oder "Blade Runner", Peter Jackson mit der "Herr der Ringe"- und "Hobbit"-Trilogie, "Batman" und "Interstellar" von Christopher Nolan, die Terminator-Filme und "Avatar" von James Cameron, die Marvel-Superhelden-Filme: Sie alle sind Erben des "Kriegs der Sterne", ohne den es sie kaum gegeben hätte. Auch weil George Lucas die Science Fiction aus der verschrobenen Nische holte und bis heute zum einem cineastischen Erfolgsfaktor machte.

Doch der Einfluss von Lucas auf die Technik des Films ist für den Zuschauer noch unmittelbarer gewesen. Er erkannte, dass nicht nur das Bild, sondern die gesamte Klangkulisse den Zuschauer in den Film ziehen kann. Damit der Kino-Besuch aber tatsächlich ein audiovisuell beeindruckendes Erlebnis werden konnte, etablierte er unter den Namen THX einen Standard, der eine opulente, dreidimensionale Klangkulisse und eine optimale Bilddarstellung garantierte — anders als die Ende der 70er und Anfang der 80er oft veraltete Technik in vielen Lichtspielhäusern, die über Stereo-Klang kaum hinauskam.

Aber auch als Erzähler setzte Lucas Maßstäbe — mit das "Imperium schlägt zurück" als Fortsetzung des ersten Films. Bis dahin waren zweite Teile fast immer nur Aufgüsse, die dieselbe Geschichte mit leichten Variationen noch einmal erzählten. Das "Imperium schlägt zurück" dagegen hatte eine eigene, düstere Story, die aber eigenständig nicht funktionierte. Sie beruhte auf dem Vorgänger und verlangte nach einem Abschluss im nächsten Film. Hollywood-Studios hätten das kaum erlaubt. Aber George Lucas nahm sich das Recht.

Aufgrund seines Erfolges und weil er zu einem tatsächlich unabhängigen Filmemacher geworden war: Für den zweiten Teil nahm er selbst Kredite auf und benötigte dafür kein Hollywood-Studio mehr. Den dritten Film "Rückkehr der Jedi-Ritter" konnte er dann komplett aus eigener Tasche finanzieren. Auch weil er es geschafft hatte, alle Rechte an der Marke "Star Wars" zu behalten — und damit auch alle Profite. Kritiker warfen ihm zwar vor, aus den Filmen Marketing-Maschinen für T-Shirts und Spielzeug gemacht zu haben. Tatsächlich ging es Lucas nur darum, die völlige Kontrolle über seine Idee zu behalten. Dass es ihm hunderte Millionen US-Dollar einbrachte, war für ihn eine Überraschung. Aber auch das war etwas Neues für Hollywood, das Schule machen sollte: Kaum ein Film, der heute nicht auf Textilien, Spielzeug oder Süßigkeiten als zusätzliche Einnahmequellen setzt.

George Lucas hat zudem etwas geschaffen, dass bis heute in Hollywood einen Seltenheitswert hat: Mit "Star Wars" und später als Produzent der Indiana-Jones-Filme, die er zusammen mit seinem Freund Steven Spielberg konzipiert hatte, schuf er gleich zwei popkulturelle Phänomene. Bis heute begeistern sie Millionen Menschen. Und man muss nur einmal irgendwo eine der Titelmelodien summen und schon weiß jeder, worum es geht. Fast überall auf dem Planeten. Diese anhaltende Welle der Begeisterung über Jahrzehnte hinweg, die von Generation zu Generation weitergegeben wird: Es ist ein Verdienst von George Lucas, der dafür keine direkte TV-Serien-, Buch- oder Comic-Vorlage hatte. Er verließ sich nur auf seine eigene Kreativität, seine Fantasie und einen Schuss kindlicher Naivität.

(jov)
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