Serie mit Clemens Schick Im Strudel der Emotionen

Die zweite Staffel von „Das Boot“ reicht nicht ganz an den Vorgänger heran.

 Der Kniff der Serie „Das Boot“ besteht darin, dass die Geschichte nun nicht mehr nur unter Wasser spielt.

Der Kniff der Serie „Das Boot“ besteht darin, dass die Geschichte nun nicht mehr nur unter Wasser spielt.

Foto: dpa/Stephan Rabold

Für echte, seewasserfeste Cineasten war die Ankündigung, dass Wolfgang Petersens „Das Boot“ als Fernsehserie neu verfilmt werden sollte, ein Schlag ins Gesicht. Das legendäre Weltkriegsdrama galt weithin als die Mutter aller U-Boot-Filme und filmhistorisches Sakrileg. Aber als im vergangenen Jahr unter der Flagge der Bavaria-Filmproduktion und des Pay-TV-Senders „Sky“ das Re-Boot (dieses Wortspiel sei ertlaubt) in See stach, überzeugte die achtteilige Serie mit einer schlüssigen Wiederbelebung, Erweiterung und Modernisierung des Stoffes.

Hatte Petersen die Handlung komplett in die engen Gänge des U-96 verlegt, eröffnete die Serie einen zweiten Erzählstrang, der sich dem Kriegsgeschehen im besetzten Frankreich widmete. Durch diese Horizonterweiterung kam nicht nur die Landratten-Perspektive und ein größerer historischer Kontext ins

Boot, sondern auch eine weibliche Hauptfigur, die ein narratives Gegengewicht zur Männerwelt der deutschen Kriegsmarine bildete.

Die wunderbare Vicky Krieps spielte die Dolmetscherin Simone Strasser, die in der Hafenstadt La Rochelle die Aufmerksamkeit des örtlichenGestapo-Mannes Forster (Tom Wlaschiha) sowie einer Resistance-Zelle weckt. Fein nuanciert spielte Krieps die Gewissenskonflikte ihrer Figur in einem Krieg, in dem es keine sauberen moralischen Entscheidungen gibt. An Bord des U-612 geriet derweil der junge Kapitänleutnant Klaus Hoffmann (Rick Okon) zunehmend in Konflikt mit dem linientreuen 1.Wachoffizier und Teilen der Mannschaft. Wurde die U-Boot-Besatzung in Petersens Kinofilm noch als solidarische Männergemeinschaft gefeiert,brach diese Struktur in der Serie zunehmend auf bis hin zu Meuterei und Kameraden-Mord. Ein komplexes Geflecht an Konflikten und widersprüchliche Charaktere bildeten den Treibstoff für den Spannungsaufbau in der gesamten Episodenstruktur.

Das gilt nun auch für die 2.Staffel, in der das zeithistorische Spektrum noch um einen weiteren Handlungsort erweitert. Nach seiner Rettung aus den Fluten des Atlantiks landet Kapitän Hoffmann in New York, wo ihn der Industriellensohn Greenwood (Vincent Kartheiser) als Berater für seine Rüstungsentwicklung rekrutieren will. Hoffmann versucht über den zwielichtigen Anwalt Berger (Thomas Kretschmann) zurück nach Deutschland zu kommen, gerät aber in Zweifel, als er sich in die afroamerikanische Jazz-Sängerin Cassandra Lloyd (Rochelle Neil) verliebt.

Gleichzeitig schippert das U-612 mit drei SS-Männern an Bord in geheimer Mission Richtung USA, wo dessen neuer Kapitän (Clemens Schick) zu den Amerikanern überlaufen will. In La Rochelle gerät Simone (Vicky Krieps) zunehmend in Lebensgefahr, als sie einer jüdischen Familie bei der Flucht behilflich ist. Krieps – Vorsicht: Spoiler – nimmt in der zweiten Folge Abschied von der Serie und die Phantomschmerzen über den Verlust bringen die Staffel sichtbar aus dem Gleichgewicht. Denn mit ihr verschwindet auch die weibliche Perspektive aus der Erzählung. Denn mit ihr verschwindet auch die Frauenperspektive aus der Erzählung, was durch zwei weibliche Nebenfiguren nicht ausgeglichen werden kann.

Und so regieren in der Fortsetzung die Sorgen und Nöte der Männer, die persönliche und vaterländische Loyalitäten hinterfragen. Das setzt immer noch genügend Dynamik und Spannung frei, um in den Strudel der Episoden-Dramaturgie zu geraten, hat allerdings im Vergleich zur großartigen Pilot-Staffel eine deutlich reduzierte emotionale Bandbreite.

Als Neuzugang ragt Clemens Schick aus dem formidablen Ensemble heraus, der in die Kapitänsjacke hineingeboren scheint und der Rolle des überzeugten Deserteurs seemännische Attraktivität und Glaubwürdigkeit verleiht.

Info Ab sofort bei Sky zu sehen.

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