"Illuminati" Schnitzeljagd im Vatikan

Düsseldorf (RP). Ein neuer Kirchen-Thriller von Dan Brown kommt ins Kino: "Illuminati". Wieder spielt Tom Hanks den Harvard-Professor Langdon, der diesmal die Machenschaften des vermeintlichen Geheimbundes beenden soll. Atemlose Action, die niemanden aufregt – nicht mal den Vatikan.

Szenen aus "Illuminati"
13 Bilder

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Düsseldorf (RP). Ein neuer Kirchen-Thriller von Dan Brown kommt ins Kino: "Illuminati". Wieder spielt Tom Hanks den Harvard-Professor Langdon, der diesmal die Machenschaften des vermeintlichen Geheimbundes beenden soll. Atemlose Action, die niemanden aufregt — nicht mal den Vatikan.

Natürlich kann Hollywood vom Vatikan nicht lassen. Das Machtzentrum einer Weltkirche mit seinen weihrauchschweren Ritualen, strengen Hierarchien, seinem protokollarischen Pomp, den Kunstschätzen, Katakomben, Kirchenarchiven, der ganzen klerikalen Pracht ist die ideale Kulisse für üppiges Unterhaltungskino. Der amerikanische Autor Dan Brown liefert perfekte Vorlagen dazu, denn seine Bücher sind solide Thriller, angereichert mit Verschwörungsgeraune, Pseudo-Geschichtswissen, und lenken durch Rom wie ein Best-of-Reiseführer.

Diesmal keine Boykottaufrufe

Weil Brown jedoch seine esoterischen Fantasien frei mit Fakten mischt und seine Skandalstorys aus dem Vatikan wirken lässt wie ernstzunehmende Enthüllungsgeschichten, gab es um die erste Verfilmung "The Da Vinci Code" große Aufregung — Boykottaufrufe, Diskussionen, protestierende Christen bei der Premiere in Cannes.

Nun kommt das Nachfolgewerk ins Kino, "Illuminati", und alles bleibt ruhig. Denn diesmal rührt die Geschichte nicht an das, was Christen heilig ist. Jesus wird weder Liebschaft noch uneheliches Kind unterstellt, sondern nur der Geheimbund der "Illuminati" wiedererweckt. Bei Brown ist das ein Orden antiklerikaler Eiferer, die sich die Vernichtung der katholischen Kirche im Namen der Wissenschaft zum Ziel gesetzt und den Vatikan bereits bis in des Papstes Privatgemächer unterwandert haben.

Diesmal hetzt Symbolforscher Professor Robert Langdon also auf den Spuren dieser Erleuchteten durch Rom, um vier Kardinäle zu retten, die von den Illuminati verschleppt wurden und im Stundentakt in römischen Kirchen hingerichtet werden. Außerdem haben die Antikleriker sich Antimaterie besorgt, aus dem etwas überrasant in Szene gesetzten Schweizer Teilchenbeschleuniger-Zentrum Cern, und drohen, Rom in die Luft zu jagen. Erschwerenderweise ist im Vatikan gerade der Papst verstorben, und die Elite der katholischen Kirche hat sich zum Konklave eingeschlossen. So bilden die Kardinalsversammlung im Vatikan und die Verbrecherjagd in Rom einen hübschen Kontrast: Die Kirche als mächtiger Apparat, den so schnell nichts aus der Ruhe bringt, tritt an gegen den Hyperaktivismus des atheistischen Wissenschaftlers Langdon, der schließlich durch ultimatives Getüftel den Bösewicht hinter der Verschwörung enttarnt.

Die filmische Umsetzung dieser Geschichte durch Ron Howard ist Indiana Jones in Italien, eine atemlose Schnitzeljagd zu den computergenerierten Tourismus-Glanzpunkten der ewigen Stadt. Doch weil es gleich viermal Hinrichtungsorte zu erspüren gilt, verfällt der Film in eine Aufregungsroutine, die bald langweilt. Auch der Miträtseltrieb wird kaum geweckt, weil sich die Ausdeutung von Zeichen durch Professor Langdon darin erschöpft, den gen Osten weisenden Fingern irgendwelcher Marmor-Engel zu folgen oder ein bisschen Laub von dämonischen Zeichen in Bodenmosaiken zu scharren.

Tom Hanks als Knobelgenie Langdon beweist einmal mehr, dass er zu den meistüberschätzten Schauspielern Hollywoods zählt. Er bestreitet den gesamten Film mit einem Gesichtsausdruck, einer Art Schmunzelverdutztheit, die in tragischen Szenen hinderlich ist und romantische unmöglich macht. Aber die sind auch gar nicht gefordert, denn Ayelet Zurer, die Antimaterie-Spezialistin an seiner Seite, ist zwar durchaus attraktiv, verkrümelt sich über weite Strecken des Films aber lieber zum Tagebuchwälzen im Vatikan.

Was bleibt, sind schöne Bilder von raschelnden Gewändern, schimmernden Siegelringen, schlingernden Weihrauchfässchen, zu viel pompösem Mönchsgesang aus den Musikgeneratoren von Hans Zimmer — und Hollywoods Versuch, Religion und Wissenschaft zu versöhnen. Beide seien nur zwei Sprachen für dieselbe Geschichte, heißt es mal schlicht. Und in einer flammenden Rede belehrt uns Ewan McGregor als Dornenvogel-attraktiver Papstkämmerer, die Wissenschaft presche manchmal eben zu schnell vor, dann sei die Kirche da, um die Wissenschaft zum Innehalten und Nachdenken zu bewegen. So einfach ist das. Und so tritt am Ende auch nur darum der rechte neue Papst auf den Balkon, weil die Kardinäle sich nicht von der Euphorie des Volkes haben verführen lassen.

"Illuminati" ist also kein Sakrileg. Es gibt ein paar Anspielungen auf die Wahl Ratzingers zum Papst, eingeschrieben in die Rolle des Kardinals Strauss, der allzu behäbig von Armin Mueller-Stahl gespielt wird. Doch selbst das konnte den Vatikan zu keinem Kommentar verlocken, der die Werbung für den Film ähnlich angeheizt hätte wie seinerzeit beim "Da Vinci Code". Nur ein Drehverbot gab's für die Kirchen in Rom. Man muss sich nicht aufregen über diesen Film. Man muss ihn nicht mal gesehen haben.

(RP)
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