Verfilmung von Dan Browns Bestseller "Sakrileg" - Reiz der Verschwörung

Düsseldorf (RP). Die Verfilmung von Dan Browns Thriller "Sakrileg" schürt eine neue Diskussion: Wie stark schaden erfundene Theorien und Thesen der Kirche? Und: Wie gefährlich wird esoterisches Denken als Alternativgeschichte?

Szenen aus "The Da Vinci Code – Sakrileg"
17 Bilder

Szenen aus "The Da Vinci Code – Sakrileg"

17 Bilder

Am Anfang war ein Code. Und den Code entwarf Dan Brown. Und Dan Brown ist Bestsellerautor geworden und hat unter uns gewohnt. Diese bedenkliche Schöpfungsgeschichte wird nächste Woche um eine mediale Variante reicher werden, wenn "The Da Vinci Code - Sakrileg" in die Kinos dieser Welt kommt.

Nun dürfte man annehmen, dass ein Roman, der bislang in 40 Sprachen übersetzt und 48 Millionen Mal verkauft wurde, als Vorlage ausreichend Werbung sei. Hollywood aber geht auf Nummer sicher, engagierte Tom Hanks und Audrey Tautou und investierte über 125 Millionen Euro.

Aber es ist ja nicht allein der Film, der das große Geschäft verspricht. Ein kleines deutsches Auto mit smartem Namen wirbt mit dem Erregungsverstärker vom "Da Vinci Code" für sein eigenes, "geniales Konzept". Dass diese Anzeigen mit "open your mind" überschrieben sind, bezeugt mit entwaffnender Offenheit den Einklang von Geist und Geld, demonstriert ein frohgemutes Lebensgefühl mit dezenter Sinnbeigabe.

Wer dann vielleicht am Steuer dieses doch überschaubaren Fahrzeugs sitzt und durch die Geheimnisse des Lebens schaukelt, mag auch noch die neue CD "Music inspired By Da Vinci" von Jan Kisjes einlegen und darf 14 Liedern lauschen, die allesamt im musikalischen Niemandsland zwischen Sakro-Pop und Mike Oldfield vagabundieren.

So ließe sich noch ein paar weitere Absätze trefflich lästern über ein Phänomen, das so langsam die Leichtigkeit einer unverbindlichen Fiktion abzustreifen beginnt. Denn beim vielfach geringen Wissensstand über die biblische Geschichte kann der Jesus-Thriller leicht zur Jesus-Wahrheit werden. Für Aufklärung dürfte es dann zu spät zu sein. Zumal schon jetzt der Roman eine große Zahl vergleichbarer Bücher auf den Markt gezogen hat. Michael Baigent, der jüngst im Plagiatsprozess gegen Dan Brown unterlag, hat seine Blitzlichter-Bekanntheit ausgenutzt und jetzt "Die Gottesmacher" nachgelegt - und darin ein weiteres mal die "Wahrheit über Jesus von Nazareth und das geheime Erbe der Kirche" erzählt. Dass es ein Titel wie "Die Gottesmacher" auf der Spiegel-Bestsellerliste bis zum Platz neun bringt, ist ebenso erstaunlich wie der Erfolg des in Bestseller-Nähe gerückten Sachbuchs "Opus Dei" des CNN-Vatikan-Korrespondenten John L. Allen.

Die Lust auf solche Bücher dokumentiert auch das grundsätzliche Interesse an kirchenhistorischen Themen. Das sei nach den Worten von Joachim Valentin, Freiburger Privatdozent und Sektenexperte der katholischen Kirche, nicht neu, sondern vorläufiger Schlusspunkt einer jahrhundertealten Tradition esoterischen Denkens. Oft gehe es dabei um Auserwählte, die eine Nähe zum göttlichen Wissen besäßen, um die eine Wahrheit, die lange verschlossen blieb.

Dan Brown ist nicht der Erfinder, aber er schwimmt auf dieser Welle, profitiert von der Unkenntnis und bietet den Unwissenden eine Ersatzreligion, "einen zweiten Kosmos", so Valentin, "eine Alternative zur bisherigen Geschichte". Für diese Faszination hat der Schriftsteller Martin Mosebach diese treffenden Worte gefunden: "Der Kinderwunsch", bei Dan Brown "eine wahre Geschichte zu hören, wird überreich erfüllt". Überdies scheint der Erfolg dem Autor Recht zu geben oder doch wenigstens Glaubwürdigkeit zu schenken - nach dem Motto: 48 Millionen Käufer und etliche Leser mehr können sich nicht irren.

Nach Einschätzung des Theologen wollte Brown mit "Sakrileg" nicht zum kirchenpolitischen Akteur werden. Aber er hat gezielt und marktstrategisch clever Esoterik mit dem Thriller verknüpft. Dieser Trick ist offenkundig so gut, dass er auch als Gegenmittel getestet wird. Warum, so fragt sich Hartwig Bouillon, Sprecher von "Opus Dei" in Deutschland, soll Dan Brown nicht zu Werbezwecken in dessen eigener Sache genutzt werden? Informationsveranstaltungen über die umstrittene Organisation mit dem Titel "Die Wahrheit hinter dem Da Vinci Code" seien denkbar.

Das ist vor dem Filmstart in der kommenden Woche das vielleicht Spannendste im Ringen um diesen Roman und die biblische Überlieferung: dass es mit den gleichen Mitteln geführt wird. Ausgerechnet eine Religion, die sich auf ein Buch stützt - nämlich die Bibel -, tritt an gegen ein Buch, das als Roman vorgibt, den Schlüssel zur wahren Geschichte gefunden zu haben. Der Kinofilm sollte Anlass geben, dies als Chance zu sehen.

Wir zeigen Ihnen Szenenbilder und die ersten Ausschnitte.

(Rheinische Post)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort