Politthriller "The Company You Keep" Robert Redford - der edle Revolutionär

Düsseldorf · Der 76 Jahre alte Hollywood-Star führte bei dem Politthriller "The Company You Keep" Regie und spielt die Hauptrolle. Der Film stellt die Frage, wofür man sich engagieren sollte. An Redfords Seite treten Julie Christie und Nick Nolte auf.

Und als Julie Christie dann noch ihre Hand auf die Wange von Robert Redford legt, kann man endgültig nicht mehr, da muss man seufzen. Die beiden waren als Studenten ein Paar, so viele Jahre ist das her, sie protestierten gegen den Vietnamkrieg, gehörten den "Weathermen" an, einer linksradikalen Vereinigung, die Aktivitäten des Staates sabotierte. Sie wollten ohne Gewalt auskommen, aber bei einem Bankraub kam ein Mensch zu Tode, danach war alles anders, das war der Sündenfall. Die Terroristen tauchten ab, nahmen andere Identitäten an, sahen einander nicht wieder.

Aber nun stehen sich Christie und Redford in dieser Hütte im Wald gegenüber, Christie schaut Redford an, wie man gern häufiger angeschaut würde, es aber allzu selten wird. Es gäbe viel zu besprechen, einiges zu klären und aufzulösen, doch dafür ist es zu spät. Er sagt: "Ich bin erwachsen geworden." Darauf sie: "Wir hatten uns geschworen, dass das nie passiert." Und er: "Aber es passierte."

Polit-Thriller nach altmodischer Bauart

"The Company You Keep" heißt dieser bewegende Film, Redford spielt nicht nur die Hauptrolle, er führte auch Regie und produzierte mit kleinem Budget unabhängig von den großen Studios. Das ist ein Polit-Thriller der altmodischen Bauart, das Spätwerk des Mannes, der einst an den Genreklassikern "Die drei Tage des Condor" (1975) und "Die Unbestechlichen" (1976) beteiligt war, und obwohl diese neue Arbeit nicht gerade meisterlich inszeniert ist, schafft es Redford wieder, den Zuschauer zu packen, ihn durchzuschütteln und mit Fragen zu bestürmen, die unangenehm sind, aber wahr: Wofür lohnt es sich zu kämpfen? Wofür engagierst du dich? Was bedeutet das überhaupt: gut leben?

Redford spielt also Jim Grant, nach dem seit 40 Jahren gefahndet wird. Der lebt unerkannt ein bürgerliches Leben in Albany und arbeitet unter falschem Namen als Anwalt. Seine Frau starb vor Kurzem, er ist nun allein mit der elf Jahre alten Tochter, sie ist auf ihn angewiesen. Dieses Konstruierte, die Versuchsanordnung, die den Ausgang bildet, ist eine der Schwächen des Films; Redford ist ja im wirklichen Leben 76 Jahre alt, die Rolle des alleinerziehenden Vaters nimmt man ihm nur mit viel Sympathie ab, aber Redford weiß, dass er sie bei den meisten Kinogängern voraussetzen kann.

Die Geschichte nimmt Fahrt auf, als sich eine ehemalige Kameradin stellt. Sie verrät niemanden, aber ein junger Journalist (Shia LaBeouf) nimmt sich des Falls an und kommt Redford auf die Schliche. Der muss fliehen, er übergibt seine Tochter an seinen Bruder und besucht auf der Flucht die Gefährten von früher, um herauszufinden, wo Mimi (Julie Christie) sich aufhält, denn die einstige Geliebte ist die einzige, die weiß, wie groß seine Schuld ist.

Film als Diskussionsveranstaltung

Nick Nolte und Susan Sarandon spielen die Kumpanen, und es ist ein Erlebnis, ihnen zuzusehen — und zuzuhören. Denn in erster Linie ist der Film eine Diskussionsveranstaltung. Es geht darum, welche Form des Widerstand legitim ist und wie einen das Leben verändert, wie sich die Weltsicht dreht, wenn man Kinder hat. Sarandon spielt das toll, sie glüht geradezu, sie erklärt, dass sie alles wieder so machen wolle, es aber nicht könne, weil es Menschen gibt, die sie liebt.

Bin ich der, der ich einst war, wenn ich längst ein anderer bin? Bin ich die Person, als die ich in der Öffentlichkeit auftrete, oder bin ich vielmehr der, als der mich meine Familie kennt? Und: Ist Gerechtigkeit ein bloß Traum oder doch eine Möglichkeit der Realität? Wer diese Fragen für naiv hält, wen die jugendliche Romantik vor den Fragezeichen stört, der Kitsch der Widerspenstigkeit, dürfte diesen Film ärgerlich finden. Gerade Menschen über 50 aber, jene also, die 1968 und die Debatten der Zeit erlebt haben, wird er nicht kalt lassen. Ebenso wenig all die, die heute wissen wollen, wie der Einzelne in der von Soziologen sogenannten flüssigen Moderne mit ihrer Unübersichtlichkeit und Unabsehbarkeit verantwortlich handeln kann.

Das FBI ist Redford auf den Fersen, als er Julie Christie trifft. Sie ist gelassen, lebt in völliger Freiheit, bindungslos, aber glücklich. Sie ist auf dem Weg nach London, wo sie nicht unter-, sondern eintauchen wird, sie hat nichts zu verlieren, sie gibt ein Leben auf und stürzt sich in ein neues. Er hingegen ist hier, um die geborgte Existenz zu retten, er tut das für die Tochter. Sie schauen einander an. Die Hand. Die Wange. Der Dialog.

Redford unterstreicht die tragische Nobilität der Akteure, bei ihm ist Revolution eine edle Sache, ausgeführt von schönen Menschen. Ihm geht es um die emotionale Seite der Geschichte, er will ins Herz der Zuschauer, man geht ihm da gerne auf den Leim, bewusst endet der Film als Melodram. Im Interview mit der "Wirtschaftswoche" sagte Redford, Victor Hugos "Les Misérables" seien eine Inspiration gewesen. Und dass dieser Roman 150 Jahre alt ist, beweist, dass das ein Leitmotiv der Geschichte ist: Die Sehnsucht der Menschen nach einem ruhigen und gerechten Leben.

(RP)
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