Interview mit "The Fountain"-Darstellerin Rachel Weisz: "Ewiges Leben? Das reizt mich nicht"

Venedig (RPO). Oscar für die beste Nebenrolle, Geburt des ersten Kindes - für Rachel Weisz war 2006 ein besonderes Jahr. Nun kommt ihr neues Film "The Fountain" in die Kinos. Wir sprachen mit Rachel Weisz über den außergewöhnlichen Film, über die Zusammenarbeit mit ihrem Lebensgefährten Darren Aronofsky, über Todesangst und Lebenslust – und warum sie mit dem Älter werden kein Problem hat.

Guck mich nicht so an! Rachel Weisz in dem Film "The Fountain".

Guck mich nicht so an! Rachel Weisz in dem Film "The Fountain".

Foto: Kinowelt

Venedig (RPO). Oscar für die beste Nebenrolle, Geburt des ersten Kindes - für Rachel Weisz war 2006 ein besonderes Jahr. Nun kommt ihr neues Film "The Fountain" in die Kinos. Wir sprachen mit Rachel Weisz über den außergewöhnlichen Film, über die Zusammenarbeit mit ihrem Lebensgefährten Darren Aronofsky, über Todesangst und Lebenslust — und warum sie mit dem Älter werden kein Problem hat.

 Sie verkörpert die spanische Königin Isabel, die im 16. Jahrhundert um ihre Macht und ihr Leben bangen muss.

Sie verkörpert die spanische Königin Isabel, die im 16. Jahrhundert um ihre Macht und ihr Leben bangen muss.

Foto: Kinowelt

Mit hochroten Wangen eilt Rachel Weisz in den Spiegelsaal des Nobelhotels Excelsior am venezianischen Lido. "Verzeihen Sie die Verspätung”, keucht sie. "Ich musste mein Baby noch stillen. Dem Kleinen ist es leider egal, ob seine Mama einen Interviewtermin hat”, lächelt sie und streicht mit eleganter Geste ein paar Strähnen zurück, die sich aus ihrem Zopf gelöst haben. Obwohl Rachel Weisz sichtlich aus der Puste ist, sieht sie bezaubernd aus. Vielmehr noch: die 35-Jährige ist einfach atemberaubend schön - und strahlt, wie es nur junge Mütter tun.

In einer Doppelrolle spielt Weisz zugleich aber auch eine Krebskranke, die ihr Mann (Hugh Jackman) aufopfernd pflegt.

In einer Doppelrolle spielt Weisz zugleich aber auch eine Krebskranke, die ihr Mann (Hugh Jackman) aufopfernd pflegt.

Foto: Kinowelt

2006 war ein besonderes Jahr für die zierliche Britin. Im März gewann sie einen Oscar für ihre eindringliche Porträtierung einer Menschenrechtlerin in dem Polit-Thriller "Der ewige Gärtner". Im Mai bekam sie mit ihrem Verlobten, dem Regisseur Darren Aronofsky ("Requiem for a Dream"), ihr erstes Kind - Henry. Im September schließlich stellte sie mit Aronofsky ihr erstes gemeinsames Kinowerk beim Filmfest in Venedig vor: "The Fountain" — ein spirituelles Fantasy-Drama, das sich auf märchenhaft-mystische Weise mit der menschlichen Sterblichkeit auseinander setzt. Weisz spielt in dem Film eine Doppelrolle: So ist sie zum einen als spanische Königin Isabella zu sehen, die im 16. Jahrhundert einen Krieger ausschickt, um die Quelle des ewigen Lebens zu finden. Zum anderen porträtiert sie die unheilbar kranke Izzy, die sich auf ihren bevorstehenden Tod vorbereitet.

 Rachel Weisz am Montag bei der Verleihung der Golden Globes in Beverly Hills.

Rachel Weisz am Montag bei der Verleihung der Golden Globes in Beverly Hills.

Foto: AP

Frage: Frau Weisz, wie geht es Ihnen?
Rachel Weisz: Fantastisch! Das vergangene Jahr war einfach unglaublich. Ich war im siebten Monat schwanger, als ich den Oscar für "Der ewige Gärtner” gewann. Drei Monate später bekam ich mein Baby, Henry. Vor ein paar Wochen habe ich wieder angefangen, zu arbeiten. Ich stecke so voller Glückshormone, dass ich fast platze (lacht).

Wünschen Sie sich ewiges Leben?
Ich möchte auf keinen Fall als einziger Mensch auf der Welt ewig leben. Das wäre ja schrecklich langweilig. Wenn wir hingegen alle ewig leben könnten, wie lange müssten wir dann wohl zur Schule gehen? Wahrscheinlich 700 Jahre oder länger. Wer will das schon? Die Vorstellung, ewig zu leben, hat also weniger Vorteile, als man denkt (lacht).

Wie sieht es mit einem Tropfen vom Elixier der Ewigen Schönheit aus — würden Sie den trinken?
Hm… (denkt nach). Wenn ich trotzdem innerlich reifen könnte, dann schon. Ich würde aber auf keinen Fall für immer 20 bleiben wollen. Ich bin froh, dass meine Twen-Zeit hinter mir liegt. Aber für immer schön zu bleiben — klar, das würde mir gefallen (lacht).

Sind Sie gar nicht neugierig darauf, wie Sie in 40 Jahren aussehen?
Das habe ich nun wieder vergessen. Dabei bin ich sehr gespannt, wie ich wohl als altes Mütterchen im Schaukelstuhl aussehen werde. Also würde ich die Schönheitspille doch nicht nehmen. Du meine Güte, ich bin ganz schön verwirrt. Das muss an den Hormonen liegen (lacht).

Warum sind Sie froh, dass Sie nicht mehr 20 sind?
Ich genieße es, weiser, erwachsener und einfach reifer zu werden. Als Teenie dachte ich, die Welt liegt mir zu Füßen und dreht sich nur um mich. Als Twen wurde mir klar, dass dem nicht so ist und musste damit klarkommen. Erst mit der Zeit lernt man sich selber besser kennen und schätzen. Das gibt einem Selbstbewusstsein und Vertrauen. Ein gutes Gefühl. Ich fand meine Twen-Jahre unerträglich. Heute geht es mir besser, ich ruhe mehr in mir selbst.

Sie sind nun zweimal hintereinander auf der Leinwand gestorben. Was empfinden Sie dabei, Ihren eigenen Tod zu spielen?
Ich habe das richtig überzeugend gespielt, oder (lacht)? Das ist es auch, was für mich letztlich zählt. Sterben gehört ebenso zu meinem Job, wie eine Königin aus dem 16. Jahrhundert zu spielen — beides ist nicht real. Wenn ich mich auf der Leinwand sehe, achte ich nur darauf, ob ich meine Sache gut gemacht habe.

Beschäftigen Sie sich mit dem Thema Sterben?
Ehrlich gesagt mache ich mir viel zu viele Gedanken über den Tod. Mir ist völlig klar, dass das nicht gesund ist. Schließlich müssen wir alle sterben. Es nützt ja nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Seitdem Henry auf der Welt ist, denke ich zum Glück nicht mehr so oft ans Sterben.

Was glauben Sie passiert mit uns nach dem Tode?
Ich habe diese Vorstellung von einem großen Recycling-Konzept. Unser Körper vereint sich mit der Erde, in der er ruht. Auf unserem Grab wächst dann ein Baum, und dieser Baum trägt eines Tages Früchte, und immer so weiter. Ein unendlicher Zyklus. Nach dem Motto "Asche zu Asche, Staub zu Staub”.

"The Fountain” beschäftigt sich nicht nur mit dem Tod, sondern auch damit, dass man sein Leben genießen sollte. Wie definieren Sie diesen Aspekt für sich selbst?
Ich versuche, in der Gegenwart zu leben und immer 100% da zu sein — egal, wo ich mich gerade aufhalte. Das Leben findet überall und in jedem Moment statt. Sogar, wenn man mit dem Auto im Stau steckt. Es gibt stets Menschen zu treffen, Erfahrungen zu sammeln und neue Abenteuer zu entdecken. Man muss nur offen dafür sein. Ich versuche, mich auch an den kleinen Dingen des Alltags zu erfreuen.

Welche Dinge sind das zum Beispiel?
In "The Fountain" gibt es eine Szene, in der ich mit meinem Ehemann im ersten Schnee spazieren gehe. Das ist etwas, was ich auch im wirklichen Leben gerne mache. Eine ganz banale, simple Sache, die einem aber oftmals die wertvollsten Erinnerungen schenkt. Klar ist man manchmal zu müde oder zu gestresst, um sich für solche Dinge die Zeit zu nehmen. Aber man sollte es immer versuchen, sein Leben mit derartigen Momenten zu bereichern. Ich klinge jetzt hoffentlich nicht wie ein Prediger (lacht).

Stecken in dem Film eigene Gedanken und Erfahrungen von Ihnen?
Sind Sie wahnsinnig? Darren gehört definitiv nicht zu jenen Regisseuren, die ihre Darsteller ermutigen, eigene Ideen mit einzubringen (lacht). Ich habe exakt sechs improvisierte Wörter in den Film hineingeschmuggelt. Einmal sage ich zu Hugh Jackman, als er gerade in mein Schaumbad plumpst: "Ich hab dich!”. Und in einer anderen Szene bitte ich ihn: "Geh nicht dran”, als das Telefon klingelt. Eigentlich schade, ich liebe es nämlich, zu improvisieren.

In was genau haben Sie sich verliebt?
Man kann über Darrens Filme denken, was man will — aber sie sind einzigartig. Kein anderer Regisseur hätte sie so drehen können. Jedes einzelne Bild trägt ganz klar seine Handschrift. Als ich mit ihm gedreht habe, war es, als ob ich zum ersten Mal Zugang zu einem Teil seines Gehirns bekomme, der mir vorher nicht bekannt war. Der Privatmensch Darren ist ganz anders als der Regisseur.

Ist es Ihnen schwer gefallen, sich als Partnerin des Regisseurs zurückzuhalten?
Nein. Für Darren war dieser Film ein immens wichtiges Projekt. Er hat jahrelang darauf gewartet, dass er ihn endlich drehen kann. Bereits 2002 gab es einen ersten Versuch. Damals waren die Hauptrollen mit Brad Pitt und Cate Blanchett besetzt. Aus dem Film wurde dann aber nichts. Umso konzentrierter und angespannter war Darren nun, da sein Traumprojekt endlich realisiert werden konnte. Deshalb war es für mich vollkommen in Ordnung, mich zurückzuhalten und ihm nicht reinzureden.

War der Druck für Sie umso größer, da Sie wussten, wie viel Ihrem Partner dieser Film bedeutet?
Sie meinen, ob ich Angst hatte, Darrens Film zu ruinieren (lacht)? Natürlich. Ich war sehr nervös. Vor allem, weil meine Rolle eine große Herausforderung war. Einen derart anspruchsvollen Part habe ich noch nie zuvor gespielt. Das war gleichzeitig aber auch der Grund, warum mich dieser Film so gereizt hat.

Ihre Mutter ist Psychoanalytikerin. Was hält die eigentlich von "The Fountain”?
Ist doch klar: Für meine Mutter handelt jeder Film über Psychoanalyse (lacht). Ich bin immer wieder erstaunt, was sie in Filme hineininterpretiert. Oft fallen mir dabei Dinge auf, die ich vorher gar nicht gesehen habe. Ich will damit nicht sagen, dass sie immer recht hat. Aber interessant ist es schon. Ich bin jedenfalls offen für derartige Interpretationsansätze.

Welche Ihrer Rolle ist Ihnen im Laufe der Jahre am stärksten in Erinnerung geblieben?
Mein Herz hängt immer ganz besonders an der Rolle, die ich zuletzt gespielt habe. Dementsprechend denke ich momentan vor allem an meinen letzten Film, "My Blueberry Nights”, bei dem Wong Kar Wai Regie geführt hat. Die Dreharbeiten dazu fanden ein paar Monate nach der Geburt von Henry statt.

War es ein Problem, so kurz nach der Geburt Ihres Sohnes wieder zu arbeiten?
Nein, ich hatte schließlich nur eine kleine Rolle. Die meisten Mütter gehen doch spätestens drei Monate nach der Geburt ihrer Kinder wieder arbeiten. Ich finde an meiner Rückkehr in die Arbeitswelt also nichts Außergewöhnliches.

In Deutschland ist es eher üblich, dass Mütter nach der Geburt Ihres Kindes mindestens ein Jahr pausieren. Wäre so eine lange Auszeit für Sie vorstellbar?
Wow, ein Jahr Babypause. Mir war gar nicht bewusst, dass es diesbezüglich so große Unterschiede in den verschiedenen Ländern gibt. Da ich es nicht anders kenne, kann ich mir allerdings nicht vorstellen, länger als maximal ein halbes Jahr zu pausieren. Das Gute an meinem Job ist ja, dass ich mein Kind überall mit hinnehmen kann. Würde ich in einem Büro oder einer Fabrik arbeiten, müsste ich mein Baby natürlich anderweitig unterbringen.

Wie muss man sich Dreharbeiten mit Kind vorstellen?
Wenn ich morgens in die Maske ging, saß Henry immer auf meinem Schoß und hat mit den Haarbürsten und Puderquasten gespielt. Danach sind wir in meinem Wohnwagen gegangen und haben gewartet, bis ich an den Set gerufen wurde. Bei Dreharbeiten verbringt man die meiste Zeit mit Warten. Daher konnte ich mich fast rund um die Uhr um Henry kümmern und werde ihn wohl bis zu seiner Einschulung mit an den Set nehmen.

Ein Kommilitone von Ihnen sagte einmal, dass Sie während Ihrer Studienzeit in Cambridge die begehrteste Frau auf dem Campus waren, aber niemand habe sich getraut, Sie anzusprechen. Stimmt das?
(lacht) Ist ja witzig. Das wusste ich gar nicht. Glauben Sie mir: Wenn ich in Jogginghose und mit wirren Haaren morgens Brötchen hole, findet mich garantiert niemand einschüchternd. Auf der anderen Seite glaube ich, dass jede Frau in High Heels und Glamour-Make-up Blicke auf sich ziehen wird. Eindruck zu schinden hat schließlich auch viel mit der äußeren Verpackung zu tun. Ich spare mir derartige Auftritte aber nur für den Roten Teppich auf.

(rpo)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort