Dustin Hoffman wird 75 Perfektionist zwischen Triumph und Trauma

Los Angeles · Mit dem Film "Die Reifeprüfung" hat er 1967 das Publikum erobert und seither eine makellose Karriere hingelegt. Dustin Hoffman spielte oft die Unterschätzten, die in widrigen Umständen wahre Größe beweisen. Heute klopft Hollywood seltener an – kein Grund für ihn, klein beizugeben.

Dustin Hoffman wird 80 Jahre alt
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Foto: dapd, Danny Moloshok

Mit dem Film "Die Reifeprüfung" hat er 1967 das Publikum erobert und seither eine makellose Karriere hingelegt. Dustin Hoffman spielte oft die Unterschätzten, die in widrigen Umständen wahre Größe beweisen. Heute klopft Hollywood seltener an — kein Grund für ihn, klein beizugeben.

Gefühlt hat er eben erst "Die Reifeprüfung" abgelegt, musikalisch begleitet von Simon & Garfunkels harmonieseligem Gesang — tatsächlich wird Dustin Hoffman heute 75 Jahre alt. Die Rolle des Benjamin Braddock, der mit der doppelt so alten Mrs. Robinson eine Affäre beginnt und sich in deren Tochter verliebt, brachte ihm 1967 den Durchbruch. Und sie machte ihn zum Gesicht des neuen, jungen, smarten Hollywood. Hoffmans stoische Mimik spiegelte die Ablehnung von Eltern und Establishment; sein rebellischer Braddock war der Vorreiter eines gesellschaftlichen Umbruchs. Damals war Hoffman 30, eigentlich viel zu alt für die Rolle (Anne Bancroft, seine mütterliche Verführerin, war nur sechs Jahre älter) — seine Unsicherheit aber beim Vorsprechen und sein jugendliches Auftreten überzeugten die Produzenten.

Auf Jahre hinaus wurde Hoffman ähnlich besetzt, spielte der 1,69 Meter-Mann die Unterschätzten, die in widrigen Umständen wahre Größe zeigen. So verkörperte er nicht nur im Western "Little Big Man" (1970) den kleinen großen Mann, sondern beispielsweise auch in "Asphalt-Cowboy" (1969), "Der Marathon-Mann" (1976) oder im Watergate-Thriller "Die Unbestechlichen" (1976) — allesamt Klassiker des US-Kinos. Anfangs fühlte sich Hoffman vom Erfolg derart überrollt, dass er erstmal erstarrte, erdrückt von der Last der Erwartung. Nach der "Reifeprüfung" arbeitete er ein Jahr überhaupt nicht. Dieses Wechselspiel von Triumph und Trauma zieht sich durch sein Leben, immer gab es Schaffenskrisen und -pausen. Allzu ausgeprägt oder lang sind sie zum Glück nie gewesen — Hoffman ist ein besessener Künstler, filmverrückt im besten Sinne.

Am Set gilt dieser Getriebene allerdings als Perfektionist, was in den Ohren der Geldgeber zumeist klingt wie Querulant. Einstellungen wiederholt er gerne 30 bis 40 Mal, strapaziert so Kosten und Nerven. Schon bei den Vorbereitungen für eine Rolle agiert Hoffman akribisch. Ein Jahr soll er für die Rolle des Autisten in "Rain Man" (1988) Studien in psychiatrischen Kliniken betrieben haben. Ohne Hoffmans ungewöhnliches Talent freilich wäre derartiges Engagement wohl verhallt — so aber durfte er bei den Preisen reiche Ernte einfahren. Zwei Oscars ("Kramer gegen Kramer"; "Rain Man") bei sieben Oscar-Nominierungen gewann der Schauspieler; mit knapp 60 würdigte ihn die Kritiker-Gilde schon mit dem Cecil B. DeMille-Award fürs Lebenswerk. Auch ein Übermaß an Erfolg kann eine Prüfung sein.

Hoffman aber denkt nicht mehr in diesen Kategorien. Erfolg sei nur Illusion, mache einen nicht zu einem glücklichen Menschen, sagte er der "Vogue". Als arbeitsloser Schauspieler habe er mit 20 auf die Frage nach seinen Wünschen geantwortet, er wolle für den Rest seines Lebens schauspielern, eine Frau kennenlernen, mit ihr eine unvergessliche Hochzeit feiern und so viel Geld verdienen, dass er sich ein Haus in New York City leisten könne. "Und als ich das dann alles hatte, war ich doch nicht glücklicher als damals", sagte Hoffman.

Glücksmomente holt sich der Star heute im Privatleben, über seine Familie (er hat sechs Kinder aus zwei Ehen). Zudem spielt er Klavier und Tennis und dreht weiter Filme. Wobei selbst für einen wie ihn die Rollen rar werden. Zuletzt trat er im TV auf, in der Pferderennsport-Serie "Luck"; allerdings glücklos, weil der Sender HBO das Projekt einstellte. Hoffman aber, der Ruhelose, gibt nicht auf. Mit dem Alter hadert er kaum. Seiner jüngsten Tochter soll er versprochen haben, ihren 50. Geburtstag mit ihr gemeinsam zu feiern. Dann wäre er 100. Möge er doch das biblische Alter des "Little Big Man" Jack Crabb erreichen: Mit 121 Jahren war der Hoffmans ältester Held, und ganz nach dessen Geschmack — vielfach vom Leben geprüft und in Würde gereift.

(RP/sap/das)
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