Ein Nachruf auf Dennis Hopper Kokser, Trinker, Egomane

Düsseldorf (RP). Eigentlich war er ein Westernheld. Da stieg 1969 ein Mann mit Schlapphut, Schnäuzer, Fransel-Lederjacke auf seine Harley-Davidson und fuhr einfach los durch die kargen Steppen Arizonas. Vielleicht um sein Glück zu machen mit dem Geld aus einem Drogengeschäft, aber vor allem, um die Weite zu spüren.

Filmstar und junger Wilder: Dennis Hopper
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Filmstar und junger Wilder: Dennis Hopper

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Foto: AP

Wenn er sich so die langen Haare zurückstrich, die Sonnenbrille aufsetzte, seine Maschine zündete, dann bestieg da ein moderner Cowboy sein Pferd, vor ihm die Straße, der Wind, die Freiheit — und der Tod.

Mit dem Roadmovie "Easy Rider" hat Dennis Hopper den amerikanischen Film aus den Studios befreit. Er hat von Schrankenlosigkeit, Abenteuer, Unabhängigkeit erzählt, von den Sehnsüchten der 60er Jahre. So entstehen Kultfilme. Und so beginnen Karrieren.

Doch Hopper war viel zu sehr, was er verkörperte: ein Radikaler, der bereit war, für das Überschreiten von Konventionen zu zahlen — durch Selbstzerstörung. Hopper hat die Freiheit in Drogen gesucht, hat nach "Easy Rider" den psychedelischen Film "The Last Movie" gedreht und sich monatelang zum Schneiden nach Mexiko zurückgezogen.

Das Ergebnis war drogengesättigt, genialisch unverständlich und verschwand nach zwei Wochen aus den Kinos. Hopper, der Kokser, Trinker, Egomane, der sich für den "größten verfluchten Regisseur Amerikas" hielt, bekam keine Projekte mehr und versank im Drogenkonsum, mit allen paranoiden Nebeneffekten. Anfang der 80er Jahre landete er in der Psychiatrie.

Doch Hopper muss aus seiner Künstlerschaft Kraft geschöpft haben. Neben dem Filmemachen hat er gemalt, gedichtet, fotografiert — Künstlerfreunde wie Andy Warhol oder Roy Lichtenberg zum Beispiel. Aber auch Unbekannte, wie das "Biker Couple", ein junges Paar, das rauchend in einer Baar sitzt und in die Ferne blickt, sehnsüchtig und zugleich ein bisschen leer. Seine klaren Bilder haben Anerkennung gefunden. Außerdem hat Hopper Kunst gesammelt. So hat ihn etwas gehalten in der Wirklichkeit.

Sein Comeback schaffte er 1979 mit Francis Ford Coppolas Vietnamfilm "Apocalypse Now", in dem er einen drogensüchtigen Kriegsreporter spielte. Und dann kam "Blue Velvet". In David Lynchs finsterem Thriller spielte Hopper einen asthmatischen Sadisten und wieder gelang es ihm, ein Bild zu prägen. Wie er so in einer engen knarzenden Lederjacke vor Isabella Rossellini kniet, aus einer Atemmaske Luft saugt, sein "Mummi" wimmert und dann schreit, mit zusammengebissenen Zähnen, als könne er die Aggressionen vielleicht doch noch in sich behalten, das ist genial gespielte Bösartigkeit.

Und so hat er weitere Psychopathen-Rollen bekommen. Etwa Howard Payne, der in "Speed" einen Bus voller Menschen in die Luft jagen will. Er hat auch wieder erfolgreich Regie geführt — bei dem Polizistendrama "Colors — Farben der Gewalt" mit Sean Penn. Und Hopper hat so etwas wie Altersrollen bekommen. Als lebensweiser Schriftsteller-Freund von Ben Kingsley in "Elegy" etwa. Und natürlich in Wim Wenders "Palermo Shooting", in dem er den Tod spielt wie ein greiser Mephisto, der es jedoch gut meint mit den Menschen.

Damals war der Prostatakrebs bei ihm schon diagnostiziert. Außerdem zehrte ein bitterer Scheidungskrieg mit seiner fünften Ehefrau Victoria Duffy an seinen Kräften. Ende März hat Hopper auf dem Hollywood Boulevard noch seinen Stern in Augenschein genommen. Abgemagert war er da auf 45 Kilo, Pflaster im Gesicht und an den Händen waren stille Zeichen der letzten Tortur, die er durchlitt. Am Samstag ist Dennis Hopper im Alter von 74 Jahren in seinem Haus in Venice bei Los Angeles gestorben.

(RP)
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